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Von TISCH zu TISCH: Filetstück

500-g-Hochrippe vom irischen Rind

Beim Essen ist im Moment irgendwie alles im Trend. Retro und avantgardistisch, Fast Food und regional, vegetarisch und Fleisch satt. Gegenwärtig feilen nahezu sämtliche Köche an ihrer vegetarischen Selbstverwirklichung, aber auch die Rindfleischwelle, die schon vor etwa zwei Jahren durch das Land geschwappt ist, hat eine ganze Reihe von Neo-Steak-Häusern und ein eigenes Hochglanzmagazin („Beef“) hinterlassen.

Geblieben ist aber die Unfähigkeit der allermeisten Berliner Fleischer, aus dieser Welle Schlüsse zu ziehen und ihren Kunden gut marmoriertes, trocken abgehangenes Rind anzubieten. Es nützt ja leider nichts, gute Tiere ökologisch einwandfrei zu halten, sie auf grüne Weiden zu führen und anschließend schonend zu Tode zu streicheln, wenn das Fleisch innerhalb weniger Tage erst in die verdammenswerte Plastikfolie und dann in den Verkauf kommt – da helfen auch vertrauenswürdige Etiketten und/oder regionale Herkunft nicht weiter.

Schon dies ist ein Grund, das „Filetstück“ in Prenzlauer Berg zu loben, wo bemerkenswert gute Stücke aus Friesland, Pommern und Irland in der Vitrine liegen, flankiert von gleichermaßen guten Wurst- und Schinkenvarianten aus halb Europa. Doch es handelt sich hier ja nicht nur um ein Fleischergeschäft, sondern vor allem um ein Bistro, in dem diese Dinge gleich aufgegessen werden können.

Begonnen hatte es mit einem riesigen Hype um einen Küchenchef, der im Fernsehen fast irgendein Restaurant gewonnen hätte, dann von der Woge seiner Fans nach Berlin getragen wurde und schließlich das „Filetstück“ aus der Taufe heben half. Er ist längst wieder irgendwo untergetaucht, aber dem Restaurant geht es anscheinend gut – und das trotz der unromantischen Lage gegenüber von Konnopke und der Tatsache, dass zu zweit rasch 150 Euro, nun ja, verbraten sind.

In der gläsernen Küche steht ein einsamer Kämpfer, das deutet schon darauf hin, dass wir hier keine feinziselierten Tellergemälde erwarten dürfen. Es gibt durchaus Vorspeisen, aber die sind so gestaltet, dass der Service sie gleich ohne Umweg über die Küche aus der Vitrine holen kann. Wurst und Schinken, was sonst? Da das alles von bester Qualität ist und frisch aufgeschnitten wird, ist das eine gute Wahl: bretonischer Kochschinken, italienische Salamis, Coppa di Parma, eine große Auswahl, genug für zwei. Wir hatten außerdem noch etwas Tafelspitz mit Kürbiskernöl und einen kleinen Spargelsalat dabei, dezent gewürzt, sehr angenehm.

Die Steakpreise reichen von 16 Euro für ein 250-g-Hüftsteak vom friesischen Rind bis zu 48 Euro für die 500-g-Hochrippe vom irischen, jeweils plus Beilagen; was übrig bleibt, wird beispielsweise als „Rinderfiletspitzen an Borrettane-Zwiebel mit Erbsenminzpüree“ für 21 Euro verkauft. Ich habe das nun nicht alles im Vergleich probiert, kann aber sagen, dass mich Fleischqualität und Garpräzision schon bei den günstigeren Angeboten überzeugt haben. Die Stücke werden nicht nach Art des Billigsteakhauses rausgehauen, sondern dürfen nachziehen und sind deshalb perfekt saftig.

Auch Lamm-Anhänger kommen auf ihre Kosten: Wir versuchten ein Stück von der Lammkeule, ebenfalls kurz gebraten, mit in Zitronenhonig marinierten Urkarotten, Couscous, einem Jus mit Raz-el-Hanout und Karottenstroh (24 Euro). Das klingt aufregender, als es schmeckte, aber es schmeckte gut – dass hier der Respekt vor dem Fleischaroma im Vordergrund steht, ist klar.

Als Beilagen zum Fleisch gibt es erstens Saucen, „Flying Fox“ à la Hollandaise, Fleischjus oder Kräuterbutter, sowie Rosmarinkartoffeln, Püree von weißen Bohnen mit Thaibasilikum, gut angemachte Salate oder, derzeit, grünen Spargel mit Sauerampfer und Papaya. Dazu immer ein einziges Dessert, ganz witzig: Nuss-Schoko-Parfait mit Rhabarber und einem brausepulvrigen Schaum im Glas. Eine Handvoll anständiger Weine steht auf der Karte, es gibt beispielsweise einen vorzüglichen Veltliner von Hirtzberger für 36 Euro und natürlich auch sehr trinkbare Rote. Sehr empfehlenswert.

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