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Von TISCH zu TISCH: Il Cardinale

Hauchdünnes Pizzabrot mit Salbei

Auch Kardinäle können Wunder wirken. Zu besichtigen ist das am Steubenplatz, wo im Il Cardinale die Tische so weit auseinanderstehen, dass man nicht nur frei atmen, sondern auch ein diskretes geschäftliches oder romantisches Gespräch führen kann. Das ganze Ambiente ist luftig, hell und freundlich, an den Wänden hängen moderne Bilder; der hintere Teil des Lokals ist leicht erhöht, für Gesellschaften wohl gut abtrennbar. Geschmückt sind die Tische mit Kerzen und einzelnen Rosen, gediegen gedeckt mit Stoffservietten, und für schöne Tage gibt es eine geräumige Terrasse.

Die Kellner sind nach guter alter italienischer Art am Anfang nicht gerade überschäumend, aber mit der Zeit immer netter und dazu schnell und hochprofessionell. Lustigerweise funktioniert hier noch der alte Trick, dass man einem italienischen Ober ein Lächeln abringen kann, wenn man ihn in seiner Heimatsprache anspricht. Das war in den 80er Jahren mal ganz angesagt, zwischendurch eher peinlich, jetzt geht es wieder, wenn es beiläufig genug geschieht.

Eiskalter Prosecco steht unmittelbar nach der Bestellung auf dem Tisch, dazu Tomaten-Crostini und hauchdünnes Pizzabrot mit Salbei. Direkt am Tisch mit der gebotenen Grandezza zubereitet wird der Spinatsalat mit kross gebratenem Speck, Parmesan und Pinienkernen, köstlich angerichtet mit erstklassigem Balsamico und Olivenöl (6,50 Euro). Dazu schneeweißes, frisch gebackenes Brot.

Der Feldsalat knirscht kein bisschen und ist übersät mit Rechtecken von der Kalbsleber, zart, rosig mit einem angenehm zurückhaltenden Geschmack. Etwas weniger Leber und etwas mehr Salat wäre vielleicht gut gewesen, aber das ist auch Geschmackssache. Nehmen wir dies mal als die männliche Variante eines gelungenen Salats (8,50 Euro).

Üppig waren auch die Saltimbocca alla Romana portioniert, drei große Fleischstücke, gewissermaßen die Hochleistungssportler unter den „In-den Mund-Springern“. Die würde nicht mal Julia Roberts mit einem Biss bewältigen können. Sie waren köstlich, mit hochklassigem Schinken und frischem Salbei angerichtet (16,50 Euro).

Hinreißend waren die Scaloppina Ortolana, wunderbar zarte Kalbsschnitzel mit zarten, holzfreien Artischocken und Kirschtomaten und einer Sauce, die zwar schwer und nicht ganz unfettig war, aber von Anfang an so schmeckte, dass sie die Sünde definitiv wert war (15,90 Euro). Zu beiden Hauptgängen gab es Gemüseteller mit Zucchini, grüne Bohnen, Karotten und köstlichen Röstkartoffeln.

Der gemischte Käseteller trug fünf verschiedene reife italienische Sorten, die sich auf der Zunge sanft und weich anfühlten und mit der Leber gemeinsam hatten, dass sie frei von jeder Penetranz des Geschmacks waren (9 Euro). Dazu gab es Brot und einen köstlich fruchtigen Senf.

Auf dem Beerenteller gruppierten sich um eine Kugel Vanilleeis, Blaubeeren, Erdbeerhälften und Himbeeren, jeweils mit Puderzucker bestreut. Mit einer roten Fruchtsauce hatte der Koch ringsum eine schöne Blüte gemalt (7,90 Euro).

Der Grappa des Hauses danach roch und schmeckte feurig und zugleich fruchtig wie ein Obstgarten (2,80 Euro). Überhaupt gefielen uns die Getränke. „Il Cardinale“ hat nicht mehr so eine exaltierte Weinkarte, wie das alte Borbone in der Windscheidstraße, dessen Betreiber hier einen würdigen Nachfolger des dunkel gemütlichen, über und über mit Weinflaschen bestückten Edelitalieners geschaffen haben. Auch das Preis-Leistungsverhältnis bei den Speisen hat sich aufs Erfreulichste dem etwas abgespeckten Zeitgeschmack angepasst: Inzwischen wird sogar Pizza angeboten.

Trotz des kleineren Weinangebots gibt es eine gute Auswahl zu vernünftigen Preisen. Wir können gerade die Hausweine empfehlen, sauber und fruchtig, das stimmt sowohl für den Chardonnay (0,5 l für 10,30 Euro) als auch für den Chianti (0,5 l für 10,30 Euro). Und vom Grappa gab’s zum Abschied noch einen aufs Haus dazu. Wie in alten Zeiten. Hier werden diese so behutsam und trotzdem konsequent in den Geschmack der Jetztzeit gewandelt, dass es leicht ist, sich zu Hause zu fühlen.

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