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Von TISCH zu TISCH: Le petit Felix

Hummer mit Zitrus und Kartoffelsalat.

An diesem illustren Raum ließe sich eine hübsch kompakte Geschichte der jüngsten Berliner Gastronomie erzählen. Gegründet wurde er als Restaurant „Gabriele“, benannt nach einem am Tegernsee weltberühmten Gastwirt, der sich nach kurzer, ruhmloser Zeit entmaterialisierte. Es folgte die Ära unter der Aufsicht von Tim Raue, der seinen Küchenchef Björn Panek schickte – der schnellste und leider auch am schnellsten verglühte Michelin-Stern der Berliner Küchengeschichte.

Bevor ich jetzt hier in den Feinheiten von Adlon/Kempinski, Adlon-Collection und Adlon-Holding versinke, nur noch so viel: Das Restaurant heißt jetzt „petit Felix“, was auf den Nachtclub nebenan verweist; der hat aber sein eigenes Restaurant. Hier oben ist, vom Grundsatz her, klassisch französische Brasserie-Küche angesagt – aber auch wieder nicht...

Äußerlichkeiten: Die Originalgemälde der Jagdfeld-Ära sind ebenso verschwunden wie die dicken Lesersessel und der antike Torso in der Raummitte. Dort klafft nun ein Loch, das von der ausladenden Schinkenmaschine nicht gänzlich überzeugend gefüllt wird. Aber man sitzt bequem.

Die Speisekarte enthält ein als „Expérience“ angekündigtes Menü mit maximal acht Gängen und ein À-la-carte-Angebot, das mit Bouillabaisse und Chateaubriand die Klassiker-Sehnsucht befriedigt. Die Expérience zieht bunt und lustig los mit kaltem Hummer, Zitrusfrüchten, Kräutern und Kartoffelsalat (22 Euro). Daran stimmt eigentlich alles, wenngleich frisch abgekochter Hummer natürlich noch besser gewesen wäre. Doch er ist zart, wird von einer tomatigen Soße aromatisch leicht gestützt, der Kartoffelsalat besorgt die Erdung, Kräuter und Orangenfilets die Würze. Schlicht und gut ist auch das Rote-Bete-Carpaccio mit zusätzlichen gelben Beten in angenehm salatmäßiger Anrichtung (9 Euro).

Und weiter: Das gebackene Ei mit schwarzen Trüffelscheiben liegt auf gerade eben zusammengefallenem Spinat mit Biss, das ist zwar keineswegs „expérience“, aber einfach gute Küche (16 Euro). Eher experimentell fällt das „Huhn provençal“ aus, denn es wird nicht nur von einer kräftig gekräuterten Soße, sondern auch von Melone und Mandeln begleitet, eine kuriose, aber einleuchtende Vorspeise (14 Euro).

Alles gut bis dahin. Auch über die Bouillabaisse (24 Euro) kann ich nichts Negatives sagen, außer: Es war keine. Denn bei aller Dekonstruktionslust erwartet man unter diesem Namen zumindest Fenchel, Safran, Tomate, Olivenöl und Knoblauch in inniger Verbindung. Was hier kam, hatte damit ungefähr genau so wenig zu tun wie mit einer Erbsensuppe: Zwei separat gebratene Fischfilets, Knurrhahn und Saibling, auf Paprikagnocchi in einer klaren, teedunklen Fischconsommé, dazu, immerhin, eine einigermaßen originalgetreue Sauce Rouille.

Sehr echt und traditionell köstlich fiel dagegen die Hummerbisque aus, die – ein wenig unmotiviert – einem Stück Kabeljau auf Steckrübenpüree zur Seite stand (16 Euro). Der Fisch ein wenig ausgelaugt und fad, das Püree sehr fein, insgesamt angenehm zu essen. Beim Dessert ließ die Mühewaltung nach, denn die einzige Süßspeise von Interesse („Expérience“) war eine zusammengewürfelte Kombination von salzigem Karamelleis, batzigem Milchreis und ein paar durchweg auch ziemlich süß abgestimmten Deko-Elementen (10 Euro). Das Limettensorbet mit Grey-Goose-Wodka (9 Euro) erwies sich als eben dies.

Bei aller Qualität: ein seltsames Konzept. Wäre es nicht besser, das Experimentier-Menü experimentell zu kochen und die klassischen Gerichte klassisch? So ist die Wahrscheinlichkeit relativ groß, dass weder die einen noch die anderen Erwartungen befriedigt werden. Immerhin bietet die Weinkarte zu ziemlich hohen Preisen, was sie verspricht, nämlich viele gut ausgesuchte französische Weine. Aus der Adlon-Weinhandlung nebenan kommen dazu noch ein paar gereifte Kostbarkeiten, die – wer’s mag – ihre dreistelligen Preise wert sind. Der Service funktioniert, der Hoteleinfluss wird atmosphärisch nicht spürbar. Also: ganz empfehlenswert.

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