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Von TISCH zu TISCH: Locanda Pane

Kräutersalat mit Thymianhonig

Manchmal habe ich den Eindruck, dass es in Berlin mehr italienische Restaurants gibt als in Rom. Der Stil, den sie pflegen, ist allerdings meist deutsch zu nennen, denn sie bieten auf ihren standardisierten Karten das übliche Angebot, in dem regionale Eigenheiten längst genauso eingeebnet sind wie in den deutschen China-Restaurants. Es gibt ein paar Ausnahmen in Richtung Mamma- und Gourmet-Küche, aber damit hat es sich dann auch.

Möglicherweise war es dieser Ermüdungseffekt, der mich die „Locanda Pane“ lange hat übersehen lassen. Die in diesem kleinen, engen Lokal gebotene Küche ließe sich als italienisch-mediterran mit kreativen Anflügen beschreiben: Wenn es zum Hauptgang den obligatorischen Teller mit den Contorni, also Kartoffeln, Mangold, Möhren in ausgezeichneter Qualität gibt, wirkt das eher wie ein ironisches Zitat, denn notwendig ist er eigentlich nicht.

Küchenchef Guido Vinci hat sich eine Namensnennung verdient, denn so ideenreich und präzise arbeitet kein anderes italienisches Restaurant Berlins auf dieser – mittleren – Preisebene. Schon die etwas sparsam dimensionierte Kombination von Rinderfilet-Tatar und gebratener Jakobsmuschel gefällt durch eine Vielzahl sorgfältig abgestimmter Beigaben, die allesamt einen eigenen Zungenreiz liefern, Rotwein-Schalotten, Bohnen, Karotten, Walnusssauce. Ähnlich gut ist die Balance im Kräutersalat mit Pfifferlingen, Speck und kleinen Brotscheiben mit Robiola-Käse; ein wenig Thymianhonig gibt Süße hinzu, ohne zu dominieren.

Am Enten-Risotto könnten sich die Geister scheiden. Denn es widerspricht der Tradition, es so fest zu halten, dass es wie ein kleiner Turm auf dem Teller steht. Aber es schmeckt hinreißend, aus perfekt abgepasstem Acquerello-Reis mit geschmorten Entenstücken, rosa Entenbrust und einer Karamell-Orangensauce. Dagegen verblassen die etwas zu trockenen, mit Fleisch gefüllten kleinen Canneloni, die nicht in Sauce schwimmen, sondern als kleiner Stapel auf einer gelungenen Frühlingszwiebel-Velouté serviert werden. Bemerkenswert finde ich, dass die Pasta-Gerichte auf Wunsch auch mit glutenfreien Nudeln oder Quinoa zubereitet werden.

Überraschung beim Meeräschenfilet, das sehr schön saftig und kross gebraten auf dem Teller liegt: die begleitende Béarnaise-Sauce liegt in einer Austernschale – doch da ist auch eine warme Auster drin. Sie gibt der Komposition, zu der noch leicht angebratener Queller gehört, ein subtiles Meeresaroma mit; die Limonenbutter drumherum liegt an der oberen Salzgrenze, aber noch nicht drüber. Das Rinderfilet schließlich wird in einem Weinblatt gegart, dessen Sinn sich nicht recht erschließt, denn falls dabei Aromen haften bleiben, werden sie ebenso wie Steinpilze und Parmesan von einer dominanten Trüffelsauce erstickt, die ihre Wucht sicher nicht nur den begleitenden Sommertrüffeln verdankt – dennoch ein gutes Gericht, gute Fleischqualität.

In den Desserts scheint mir eine kleine Schwäche der Küche zu liegen, denn das Kokos-Parfait mit ein paar bunten Früchtescheiben bleibt blass, und die Zabaione mit Beerenobst schmeckt gut, ohne vom Stuhl zu reißen (Vorspeisen um 13, Hauptgänge um 25 Euro). Dafür hat der hemdsärmlig agierende Chef eine feine Weinkarte zusammengestellt, nicht sehr groß, aber repräsentativ sortiert quer durch Italien. Manincor und Colterenzio aus Südtirol sind beispielsweise dabei, und dann geht es zu Preisen zwischen 20 und 75 Euro nach Süden; auch die offenen Weine sind gut ausgewählt, allerdings nichts für jene Gäste, die sich mit jedem „Vino della Casa“ zufrieden geben, wenn er nur billig ist.

Wenn Sie aus diesem Bericht herauslesen, dass dies ein gutes Restaurant ist, liegen Sie richtig. Die schmale, offene Küche macht es ein wenig stickig, und das könnte gerade in der kalten Jahreszeit ein Problem sein. Aber dafür erhöht es den Gemütlichkeitsfaktor gehörig. Die muntere Gegend um die Ackerstraße mit ihren vielfältigen Geschäften lohnt einen Besuch mit anschließendem Essen sehr.

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