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Von TISCH zu TISCH: Majakowski

Entenbrust auf Portwein-Risotto

Schauen wir mal wieder nach Prenzlauer Berg. Das ist ein sogenannter Szene-Bezirk – was immer das genau bedeuten mag. Für die Gastronomie bedeutet es, dass allerhand ausprobiert und wieder verworfen wird, die Fluktuation ist enorm, nur merkt das außerhalb der engeren Umgebung kaum jemand. Die kulinarische Qualität allerdings leidet dabei meistens, denn mehr als Mittelmaß kann sich unter diesen Umständen kaum etablieren, und anspruchsvolle Ansätze scheitern entweder schon an den Gewerbemieten oder an den Widersprüchen zwischen ambitionierten Gourmets und zufällig hereinschneiender Laufkundschaft.

Insofern ist es bemerkenswert, dass unmittelbar am Kollwitzplatz, dem Herzen des Bezirks, ein Ableger des offenbar recht erfolgreichen Pankower Majakowski eröffnet wurde. Das ist ein Gasthaus, das es außerhalb des Zentrums irgendwie geschafft hat, Ambitionen und Ostberliner Identität so zu verbinden, dass alle Gäste zufrieden sind; am Kollwitzplatz allerdings geht es wohl erst einmal eher darum, überhaupt wahrgenommen zu werden.

Majakowski 2 verspricht keine Überraschungen. Die Einrichtung mit viel dunklem Holz ist karg und kantig auf nachbarschaftskompatiblem Bistro-Niveau, und die Speisekarte schützt sich mit Klassikern gegen den möglichen Unmut der Wiener-Schnitzel-Monophagen, die sich in Berlin ungebremst weiter vermehren. Doch es gibt auch ein paar etwas ausgefallenere Gerichte, die freilich nie den Rand des Kreativen erreichen, alles klingt vertraut, wenig ideenreich. Man könnte auch sagen: mutlos kombiniert – oder die sehr vernünftigen Preise, drei Gänge 30 Euro, positiv betrachten.

Ein Blick in die überschaubare, ganz interessante Weinkarte verrät überdies, dass auch die Getränke angenehm kalkuliert sind: Zum Aperitif ist guter Wegeler-Sekt unter vier, exzellenter Champagner von De Sousa unter acht Euro zu haben, und mit unserer Weinwahl, einem herausragenden 2005er Chateauneuf-du-Pape für 44 Euro, lagen wir schon ziemlich weit oben. Eine gästefreundliche Sache!

Beim Essen zieht dann Normal-, um nicht zu sagen: Mittelmaß ein. Dunkle Kalbsconsommé mit Walnuss-Maronen- Ravioli, das war ganz unspektakulär okay, auch wenn ein oder zwei Ravioli mehr nicht geschadet hätten, die Entenbrust auf einem etwas süßen und sehr knapp gegarten Portwein-Balsamico-Risotto stimmte qualitativ ebenfalls. Die gebratene Kalbsleber von der Klassiker-Karte fiel glücklicherweise nicht übermäßig klassisch aus, gut gebraten und mit – leider nur noch lauem – Kräuter-Kartoffelpüree und gebratenen Äpfeln dezent begleitet.

Der experimentellere Fisch des Tages war ein Filet vom St. Pierre mit Blutwurstkruste, Kartoffelwürfeln und einem guten, allerdings leicht irreführend als Champagner-Sahne-Kraut betitelten Wirsing- oder Spitzkohl. Guter Geschmack, guter Fisch, nur hatte die Kruste wie meist in diesen Fällen nichts Krustiges; ich muss allerdings zugeben, dass die Begriffe „Pampe“ oder „Brei“ in der Karte keinen guten Eindruck machen würden. Bei den Desserts fallen die Ambitionen von der Majakowski-Küche ab wie die allerletzten Blätter von den Bäumen vor der Tür. Mit der braven Crème brûlée und dem Kürbiseis mit Schokotörtchen hatten wir das komplette Programm des betreffenden Abends probiert.

Insgesamt war das alles sein Geld durchaus wert; ich finde allerdings, was ich in dieser Restaurantkategorie in Berlin sehr oft finde: Mit ein wenig mehr Präzision und Ehrgeiz wäre durchaus mehr drin, ohne dass die Preise deshalb nennenswert steigen müssten. Und überhaupt nicht verstanden habe ich, warum wir auf dieses schlichte Menü bei relativ leerem Restaurant mehr als zwei Stunden Zeit verschwenden mussten. Am sehr professionellen Kellner lag es offenbar nicht, denn der servierte zusammen mit den Hauptgängen sogar eine Art Entschuldigung.

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