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Miss Wu, Königin-Luise-Straße 71, Dahlem, Tel. 89540001, geöffnet täglich 11-23 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: Miss Wu

Kräutersaitling mit Tofuknusper.

Vielleicht wird Miss Wu irgendwann mal Ehrenbürgerin von Nanxun im südöstlichen China. So, wie sie ihren Geburtsort den Berlinern schmackhaft macht. Das beginnt mit der schicken Hochglanz-Speisekarte ihres Restaurants, die schöne, leicht melancholische Schwarz-Weiß-Bilder von Nanxun zeigt. Ihr behagliches, zugleich modernes Lokal in den ehemaligen Räumen eines Feinkostgeschäfts ist ein neuer Stern am Himmel der Chinakost-Liebhaber, was auch dem künstlerischen Freund der Inhaberin zu verdanken ist. Etwas chinesische Nüchternheit schimmert durch in den blanken Holztischen, die rote Wand hebt sich vorteilhaft vom cremefarbenen Sofa ab, Aquarien mit bunten Fischen reihen sich akkurat aneinander, und auf den Besteckbänkchen aus weißem Porzellan werden schwarze Stäbchen abgelegt, aber auch Löffel und Gabel.

Aber nicht nur das Ambiente unterscheidet „Miss Wu“ deutlich von vielen anderen chinesischen Restaurants. Die Karte ist nicht sehr lang, dafür folgt den ausgewählten Speisen eine Auswahl von richtig guten Weinen. Mit einem korrekt servierten 2012er Sancerre „Les Charmes“ von der Domaine André Vatan starteten wir gut eingestimmt auf die Reise in die Welt der chinesischen Tapas. Vorweg gab es Gemüsechips, geröstete Sojakerne und säuerlich eingelegten Rettich. Besonders gelungen: die hausgemachten kleinen Frühlingsrollen mit dem typischen scharfsüßen Dip. Der Gurkensalat bestand eigentlich aus sorgfältig geschichteten Gurkenstangen, die man in einen würzigen, dunklen Hausdip taucht. Der Hit war freilich die Focaccia: Von der Größe her einem Rösti ähnlich, aufgeschnitten wie ein Stück Torte, war sie knusprig und richtig gut (jeweils 3,80 Euro).

Auch die Garnelen in Chili-Sauce mit winzig geschnittenen Hühnerfleischwürfeln hatten dieses gewisse Etwas, eine gehaltvolle, aber schöne Kombination aus süß und scharf, sicher nicht leicht, aber leider lecker (16,80 Euro). Dazu gab es maßvoll klebrigen Reis und eine Schüssel mit leicht panierten Gemüsestücken, Brokkoli, Möhren, Paprika.

Vegetarisches liegt Miss Wu besonders am Herzen, fünf fleischlose Gerichte stehen auf der Karte. Die Gemüseplatte Shaolin war eine gute Wahl, besonders der Kräutersaitling köstlich, die Brokkolistücke waren genau richtig bissfest gegart, es fanden sich noch Paprika und Auberginen in einer eher mächtigen Sauce, außerdem fruchtige Granatapfelkerne, eine riesige Peperoni und eine Decke aus knusprigen Streifen, die an Ente erinnerten, aber dafür zu fettfrei waren. Auch wenn man kein Tofu-Fan ist, lässt er sich in dieser Art der Zubereitung genießen (12,80 Euro).

Die Desserts atmen den chinesischen Hang zur Poesie. Das hört sich dann etwa so an: „Kandierte Walnüsse begleiten die Banane“, definitiv eine gute Alternative zur ewig gebratenen Banane. Oder so: „Heiße Himbeeren umgarnen die Vanille“. Ansonsten handelt es sich dabei um einen populären Klassiker der 70er-Jahre-Küche, zwei Kugeln Vanilleeis auf heißem Himbeerkompott (4,80 Euro).

Das alles nennt Miss Wu „Küche nach Hausfrauenart“. Es sind fortgeschrittene Hausfrauen, aber tatsächlich hat das Essen hier einen Soul-Food-Charakter mit eigener Originalität. (Dass ohne Glutamat gekocht wird, versteht sich da von selbst.) Auch auf die offenen Weine ist die Inhaberin zu Recht stolz, der Rosé aus dem Languedoc passte mit seinen Beerennoten prima zum Tofuknusper. In der Karte wird versehentlich ein Liter angekündigt, wo vermutlich 0,1 Liter gemeint ist, der Pegel im Glas streckte sich aber über die ganz kleine Portion ein Stück weit hinaus (0,1 l für 4,80 Euro). Den Crémant auch offen anzubieten, wäre eine gute Idee. Zum Abschluss bekamen wir noch eine Kostprobe vom chinesischen Pflaumenwein.

Miss Wu, die eine markante schwarze Brille trägt, lebt übrigens seit ihrer Kindheit in Berlin. Mit dieser Neugründung, zu der ein kleiner Vorgarten gehört, hat sie in dieser Gegend der Stadt bestimmt keinen Fehler gemacht.

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