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Von TISCH zu TISCH: NQ14

Rote Paprikasuppe mit Ziegenkäsesäckchen

NQ14, Südstern 14, Kreuzberg, Tel. 325 345 83, nur Abendessen, Mo geschlossen. www.noiquattro.deFoto: Mike Wolff

Die Wiederaufrüstung des Südsterns als kulinarisches Ziel geht unaufhaltsam voran. Wir haben es da mit einem Phänomen zu tun, das eine sozialgeografische Untersuchung verdient hätte: Wie konnte sich gerade in dieser Ecke, entlang der Bergmannstraße über den Platz bis hinein in die Körte- und Fichtestraße, über lange Zeit eine solche Zusammenballung alternativer bis bürgerlicher Bürgerlichkeit etablieren? „Cochon Bourgeois“ und „Hartmanns“ sitzen dichter aufeinander als alle anderen gehobenen Berliner Restaurants, die Weinbar Hammer ist gleich nebenan, ein paar Schritte weiter bäckt Peter Klann seine Genial-Brote. . . Ja, klar, hieß es damals, als es Mitte der 80er Jahre begann mit längst verblichenen Restaurants wie „Abricot“ und „Hasenburg“, da wohnt halt Walter Momper. Aber der allein kann das ja kaum alles bewirkt haben.

Vor einigen Monaten habe ich hier die „Trattoria Noiquattro“ vorgestellt und trotz einiger Bedenken ganz gut gefunden, nun folgt die Ergänzung um die Ecke: Das „NQ14“, das die anspruchsvollere Tradition des geschlossenen „Noiquattro“ am Strausberger Platz fortsetzt, gewissermaßen als Ristorante zur Trattoria. Streng separat! Der Eingang ist noch gemeinsam, dann teilt sich alles, getrennte Küchen, getrennte Toiletten, sogar die kreuzbrave italienische Weinkarte wird gerade rechtsseitig für die höheren NQ-Ansprüche aufgerüstet – das ist jedenfalls versprochen.

Das war es denn auch mit Italien, denn Küchenchef Andreas Staack serviert hier wie schon früher am Strausberger Platz eine im weitesten Sinne mediterrane Küche, die mit der klassischen italienischen Stilistik nichts mehr zu tun hat. Aber sie ist gut, kommt ganz ohne die befremdlichen Spielereien aus, die uns früher am alten Standort so genervt haben: keine Rotbarbe mit weißer Schokosauce mehr, wenn ich die aktuelle Karte richtig interpretiere. Nicht einmal die schweren Schieferplatten, die früher den Avantgarde-Anspruch bekräftigen sollten, haben den Umzug überlebt, und auch denen trauere ich nicht nach.

Besonders bemerkenswert fand ich jetzt die substanziellen Suppen mit ihrem klaren, unverfremdeten Gemüsearoma. Aus rotem Paprika mit kleinen gebackenen Ziegenkäsesäckchen und Arganöl, aus Kresse mit einem kleinen Wachtelspieß – das kann man im Prinzip besser kaum machen, auch wenn der aufweichende Teig um den Ziegenkäse nicht ideal ist. Ausgezeichnet schmeckte auch die warme, wunderbar gewürzte Kaninchenrolle mit Tomatenchutney und einem kleinen Salat, und die gebackenen Curryaustern auf Artischocken-Tomatensalat halfen uns schon zum Einstieg locker über das erste Ach-schade-nichtsItalienisches-Gefühl hinweg.

Bei den Hauptgängen setzte dann sanfte Enttäuschung ein, die allerdings weniger mit der Arbeit der Küche zu tun hatte als mit den eiskalten Tellern: Es nützt dann auch nichts mehr, sie zeremoniell mit silbernen Cloches bedeckt an den Tisch zu schleppen. Sofern wir von dem sicher untypischen lauwarmen Gesamteindruck absehen, war also der perfekt rosa gebratene Lammrücken mit Mangold und Couscous recht gelungen. Bei der Damhirschkeule in kräftiger Essigpflaumensauce hielt ich es nicht für eine gute Idee, ein Stück der Keule rosa zu braten, weil das im Endergebnis eigentlich immer nur weichlich-zähes Fleisch bringt; das geschmorte Stück hatte eine deutlich bessere Konsistenz. (Vier Gänge 41, Hauptgänge um 22 Euro).

Herausragend fanden wir schließlich die Passionsfruchttarte mit Mangoeis und Kokosparfait; das Schokoherz mit intensiver Minzschokolade war sehr Geschmackssache – das intensive Minzaroma machte jeden der Süßweine kalt, die der enthusiastische Sommelier zum Probieren an den Tisch brachte.

Dennoch war ich über das Niveau des Service sehr erstaunt. Offenbar gibt es die sehr selbstgefälligen Vier nicht mehr, die dem Restaurant den Namen gegeben haben, stattdessen sehr kundige, zuvorkommende Kellner. Es sieht also so aus, als könnte sich hier ein weiteres Restaurant in der ansehnlichen Kreuzberger Spitze etablieren.

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