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Ponte, Regensburger Str. 5, Schöneberg, Tel. 21912410, geöffnet täglich außer dienstags ab 17 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: Ponte

Manche Nachrichten sind zu gut, um sie für sich zu behalten. Wenn der Chef noch von Tisch zu Tisch geht und mit verschwörerischer Miene das Tagesprogramm anpreist, dann kann ein Geheimtipp nicht lange geheim bleiben.

Dies ist die Saison der guten Nachrichten, und hier ist eine für Fans des alten „Ponte Vecchio“. Valter Mazza hat mit 65 Jahren noch mal richtig durchgestartet und in der Regensburger Straße das „Ponte“ eröffnet. Das gemütliche Ecklokal ist mit dunklem Holz vertäfelt, die Tische sind aber auf eine schlichte Weise festlich weiß gedeckt wie früher. Eine schöne Terrasse zum Draußensitzen, derzeit mit weißen Lichterketten illuminiert, und einen kleinen Nebenraum für diskrete Tafelrunden gibt es auch. An den Wänden hängt Kunst von Mazzas Frau, darunter ein unverkäufliches Porträt, das den Patron in seinen 50ern zeigt, damals, als er einer der Lieblinge der West-Berliner Intelligenzia war und sein in der Nähe der Deutschen Oper gelegenes Restaurant praktisch jeden Abend zweimal ausgebucht.

Eigentlich hatte er zu Beginn des Jahres in seine italienische Heimat zurückgehen wollen, dann aber gemerkt, dass er im Herzen doch ein Berliner geworden ist. So legte er den leisen Neustart hin, der sich nach und nach herumspricht bei den alten Freunden, während neue Stammgäste aus der Umgebung hinzukommen.

Normalerweise legt man als Kritikerin größten Wert darauf, nicht erkannt zu werden. Obwohl das Ponte Vecchio in den 90er Jahren eins von zwei Restaurants war, in denen ich unter meinem eigenen Namen verkehrte, hätte das hier beinahe sogar auch geklappt. Aber durch Insider-Fragen habe ich mich ausnahmsweise mal selbst enttarnt, weil mich die Neugier, wie es mit dieser Berliner Legende weitergegangen ist, dann doch überwältigt hat. Valter Mazza hat sich also ein ganz neues Team zusammengestellt, der alte Koch liefert aber noch die Lebensmittel. Zum Aperitif, einem herrlichen Prosecco rosé, gab es köstliche Crostini mit Pilz-Parmesan-Mousse, Oliven und Essiggemüse. Wie früher geht Mazza von Tisch zu Tisch und referiert genüsslich, manchmal mit fast verschwörerischer Miene das umfangreiche und abwechslungsreiche Tagesprogramm, wo die Pasta dann getrüffelt ist, und Frischling wie Flusskrebse zeigen, was der Markt alles hergibt. Der persönliche Stil, der aber nie aufdringlich wird, gehörte schon zu den Markenzeichen des Ponte Vecchio. Und es lohnt sich nach wie vor, den Empfehlungen zu folgen.

Die Artischocken im Sud waren hinreißend gut, der Sud schon fast eine kleine Suppe mit der Essenz des Artischockengeschmacks (10,50 Euro). Obwohl die neuen Köche freie Hand haben, schmeckt das Vitello Tonnato doch vertraut, gute Thunfischsauce auf rosa gebratenem Kalbfleisch mit kleinen Kapern als Krönung. Auch die saftig gegarten Doradenfilets waren in einer feinen Kapernsauce angerichtet, dazu gab es Zucchini, Möhren und Spinat, alles al dente und von erlesener Qualität (17,50 Euro). Am allerbesten gefielen uns die knusprigen gegrillten Wachtelteile in einer scharfen Olivenölsauce mit feuerroten Peperoncini. Sie waren angenehm scharf, Gemüse und leicht geröstete Rosmarinkartoffeln dämpften das Feuer etwas (17 Euro). Die Portionen sind so bemessen, dass man in drei Gängen gut satt wird. Zum Nachtisch empfiehlt Mazza die flambierten Feigen mit Vanilleeis, eine leichte, fruchtig süße Delikatesse. Auf Nachfrage gab es aber auch den alten Dessert-Klassiker, Eis mit frischen Beeren, die ebenfalls von tadelloser Qualität waren. Die Weinkarte ist noch klein, aber kenntnisreich zusammengestellt. Uns gefiel der leichte Pinot Grigio als unaufdringlicher, angenehmer Begleiter zum Essen (18 Euro).

Die Haare des Patrons sind weiß geworden, aber ansonsten ist er seinem Porträt noch recht ähnlich, auch der Akzent hat sich kein bisschen verändert. Nachdem er seine eigene Identität nun gefunden hat, beschreibt er klar seine Zielgruppe: Menschen, die Kontinuität lieben und einen gewissen Komfort zu schätzen wissen. Davon dürfte es in einer Stadt des kontinuierlichen Wandels jede Menge geben. Kritiker werden gelegentlich gebeten, nichts zu schreiben, weil ein Restaurant den Geheimtipp-Status nicht verlieren soll. Das ist zwar richtig, aber guten Nachrichten geht es mehr noch so als den schlechten: Manchmal kann man sie einfach nicht für sich behalten.

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