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Roman Lob trat für Deutschland an. Er landete auf Platz acht.

© AFP

Eurovision Song Contest: Kekse, Kunstschnee, Kandidaten

Favoritensieg beim Eurovision Song Contest: Die Schwedin Loreen überzeugte mit ihrem Düstertanz nicht nur ihre eigenen Landsleute. Der Deutsche Roman Lob landete hingegen im Mittelfeld, schnitt aber besser ab als Lena im vergangenen Jahr.

Am Ende triumphierte die Dance-Amazone: Beim Eurovision Song Contest in Baku siegte die Schwedin Loreen mit deutlichem Abstand vor der russischen Großmuttertruppe Buranowskije Babuschki. Der deutsche Teilnehmer Roman Lob schaffte es überraschend auf Rang acht – und war damit zwei Plätze besser als Lena im vergangenen Jahr.

Die Favoritin und spätere Siegerin Loreen. Sie trat für Schweden an.
Die Favoritin und spätere Siegerin Loreen. Sie trat für Schweden an.

© REUTERS

Die Gewinnerin Loreen richtete aus der „Kristallhalle“ in Aserbaidschans Hauptstadt eine simple Botschaft an die Fernsehzuschauer: „I freaking love you“. Zuvor hatte sie einen gefeierten Auftritt mit ihrem technolastigen Lied „Euphoria“ und düsterem Ausdruckstanz hingelegt. Loreen war schon im Vorfeld von den Buchmachern als Favoritin gehandelt worden. Allerdings hatte sie einen Tag vor dem großen Auftritt gepatzt: Beim sogenannten „Jury-Finale“ hatte sie sich am vom Himmel rieselnden Kunstschnee verschluckt und anschließend geröchelt. Am Samstagabend erhielt sie 372 Punkte, Russland kam mit 259 Punkten auf Platz zwei.

Ganz weit hinten landete der prominenteste Starter, der gleichzeitig auch der Älteste war: Großbritanniens Schnulzenkönig Engelbert Humperdinck, 76, der im Johnny-Cash-Look und mit der Ballade „Love Will Set You Free“ antrat, schaffte es lediglich auf den vorletzten Rang, knapp vor Norwegen. Dafür bot er das spektakulärste Feuerwerk.

Für Russland trat die Omaband Buranowskije Babuschki an – und backte während ihres Auftritts Kekse.
Für Russland trat die Omaband Buranowskije Babuschki an – und backte während ihres Auftritts Kekse.

© dapd

Der Auftritt des deutschen Teilnehmers Roman Lob mit der Startnummer 20 verlief ohne Zwischenfälle. Er stand wie in den Proben mit Mütze und dunklem Hemd auf der Bühne, bewegte sich kaum, strahlte aber charmant in die Kameras. In der Halle gab es für den Auftritt mit „Standing Still“ reichlich Applaus, und dann auch mehr Stimmen, als Kritiker befürchtet hatten. Zu ruhig und unoriginell sei die Ballade, hatte es schon im Vorfeld geheißen.

In der diesjährigen Show waren auffällig viele Balladen vertreten, die meistens unter ausgiebigem Einsatz von Kunstnebel über die Bühne gingen. Die Italienerin Nina Zilli erinnerte stark an die im vergangenen Sommer verstorbene Amy Winehouse, erntete aber trotzdem – oder gerade deshalb – euphorischen Applaus. Die irischen Roboterzwillinge Jedward beendeten ihre Performance von „Waterline“ mit einer Wasserdusche. Sie standen bereits zum zweiten Mal hintereinander im Finale des Gesangswettbewerbs.

Bildergalerie: Die Kandidaten des Song Contest

Die ungarische Band Compact Disco fiel durch besonders massiven Instrumenteneinsatz auf, wobei weder E-Gitarre noch Bass an Boxen angeschlossen waren. Außer dem Gesang wird beim Eurovision Song Contest alles vom Band eingespielt. Darum konnte die dänische Starterin auch mit demonstrativ uneingestöpselter Gitarre ihren Ohrwurm „Should have known better“ zelebrieren.

Im Vorfeld der Show war in der Öffentlichkeit ausführlich über Menschenrechtsverletzungen im autoritär geführten Gastgeberland Aserbaidschan diskutiert worden. Auch am Freitag wurden wieder rund 60 Demonstranten festgenommen. Zu Protesten während der Live-Übertragung kam es nicht. Im Publikum der „Kristallhalle“ in Baku saßen viele zivil gekleidete Sicherheitskräfte, die mögliche Protestversuche unterbinden sollten. 

Als die deutsche Jury-Präsidentin Anke Engelke per Live-Schaltung nach Hamburg die deutsche Punktevergabe übermittelte, nutzte sie die Gelegenheit zu einer diplomatisch verpackten Kritik am Regime. “Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, abstimmen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben”, sagte sie. Das aserbaidschanische Moderatorenduo hielt ungläubig inne. Engelke weiter: “Viel Glück auf Deiner Reise, Aserbaidschan! Europa beobachtet Dich!” Dann erst ging sie zur Punktevergabe über.

Die Show selbst erinnerte phasenweise stark an die letztjährige aus Düsseldorf. Das lag daran, dass wie 2011 die Kölner Firma Brainpool die Sendung produzierte. An ihr ist Stefan Raab beteiligt. Ob er sich im kommenden Jahr erneut bei dem Song Contest engagieren wird, ließ er offen. Angeblich soll das bisherige Konzept von Pro Sieben und der ARD, das dieses Jahr unter dem Namen „Ein Song für Baku“ lief, nicht fortgesetzt werden.

120 Millionen Zuschauer verfolgten das Spektakel weltweit. In Deutschland gab es in mehreren Städten Public-Viewing-Veranstaltungen, die größte fand auf der Hamburger Reeperbahn mit Gastauftritten von Udo Lindenberg und Jan Delay statt. Auch in zahlreichen Berliner Clubs und auf dem Geländer der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg wurde gefeiert. Der Botschafter Aserbaidschans hatte nach Grunewald geladen, wo etwa 400 Ehrengäste die Live-Übertragung sahen.

Die zwischenzeitlichen Fanlieblinge, die sechs russischen Großmütter von Buranowskije Babuschki, werden auch in Zukunft gemeinsam musizieren. Sie waren in Trachten angetreten, um Geld für eine Dorfkirche in der Taiga zu sammeln. Nun wird das benötigte Geld vermutlich über Konzerte und eine Albumveröffentlichung hereinkommen.

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