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Mit Nadeln und Spritze. Bei vielen Schmerzpatienten ist die Behandlung nicht optimal, kritisieren Experten.

© dpa

Experten fordern bessere Behandlung: Immer mehr Schmerzpatienten

In Berlin und Brandenburg gibt es mehr Schmerzpatienten als im Rest der Republik. Warum weiß keiner. Doch alle haben das gleiche Problem: Sie bekommen oft keine angemessene Behandlung.

In Berlin und Brandenburg bekommen deutlich mehr Menschen vom Arzt chronische Schmerzen bescheinigt als im Rest der Republik. Die bundesdurchschnittlichen Diagnoseraten würden dort um 40 bis 50 Prozent überschritten, heißt es im aktuellen Arztreport der Barmer-GEK, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

In Brandenburg plagen sich demnach 5,79 Prozent der Menschen mit behandlungsbedürftigem Dauerschmerz, in der Bundeshauptstadt sind es 5,69 Prozent. In den Stadtstaaten Bremen und Hamburg dagegen wird chronischer Schmerz nur halb so oft diagnostiziert, bei gerade mal 2,94 beziehungsweise 3,07 Prozent der Bevölkerung.

Nur 36 Schmerztherapeuten für ganz Brandenburg

Worauf derart große Unterschiede gründen, vermochten die Autoren der Studie nicht zu sagen. Auffällig ist lediglich, dass Schmerztherapeuten in Berlin vergleichsweise schlecht bezahlt werden – und dass es in Brandenburg besonders wenige gibt. Auf gerade mal 36 kommt der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin für den gesamten Flächenstaat. Und ihr Altersdurchschnitt liege um drei Jahre über dem anderer Ärzte. Brandenburg sei „ein Problemfall“, sagte Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Straßmeir dem Tagesspiegel, es gebe dort „Riesenlücken in der Grundversorgung“.

Versorgungsdefizite macht die Studie allerdings auch bundesweit aus. Etwa 3,25 Millionen Menschen litten hierzulande unter chronischem Schmerz, heißt es darin. Die Zahl der Diagnosen sei enorm gestiegen – von 1,59 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2005 auf mehr als vier Prozent im vergangenen Jahr. Frauen seien häufiger betroffen als Männer, alte Menschen weit stärker als junge. Bei den über 80-Jährigen betrug die Quote im vergangenen Jahr 13,2 Prozent. Schmerzpatienten litten vor allem unter Rückenleiden, Krankheiten der Wirbelsäule oder Kniegelenks-Arthrosen. Sie erhielten pro Tag im Schnitt mehr als 4,5 Medikamente.

Schmerzbekämpfung als nationales Gesundheitsziel

Angesichts der hohen Zahl von Betroffenen müsse die Bekämpfung des chronischen Schmerzes „zu einem nationalen Gesundheitsziel werden“, forderte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub. Zwar habe sich die Zahl der Krankenhäuser, die eine multimodale Schmerztherapie anbieten, in den vergangenen acht Jahren mehr als verdoppelt. Doch zum einen sei die Qualität dieser Behandlung nicht immer sichergestellt, zum andern werde nach wie vor zu wenigen geholfen. Nur jeder fünfte Schmerzpatient erhalte eine für ihn geeignete Behandlung.

Nötig sei vor allem eine bessere Koordination der Ärzte untereinander, sagte der Geschäftsführer des Aqua-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, Joachim Szecsenyi. Es fehle an einer verlässlichen „Versorgungskette“, betonte auch Straub. Damit Schmerz nicht chronisch werde, komme den Hausärzten eine entscheidende Rolle zu. Sie müssten frühzeitig agieren, schnell überweisen und Lotsenfunktion übernehmen. Schließlich, so der Kassenchef, gelte es auch die „psychische und soziale Dimension des Schmerzes“ zu berücksichtigen.

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