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Facebook-Panne: Einbruch beim Herrn der Daten

Durch ein Leck entweichen bei Facebook private Fotos – ausgerechnet von Gründer Mark Zuckerberg.

Es ist genau die Art von leicht unscharfen Amateurfotos, die man eigentlich nicht mit der Welt teilt: nicht, weil sie den, den sie zeigen, über die Maßen bloßstellen. Eher, weil sie der Ruch des Privaten umgibt, eine Atmosphäre, die sich schwer beschreiben lässt, die aber auch in der Welt der sozialen Netzwerke eigentlich nur Freunden oder zumindest persönlich Bekannten einsehbar ist. Den Facebook-Nutzer, aus dessen Privatsphäre sie entwendet wurden, zeigen sie beim Kochen mit Freunden, auf dem Boden sitzend bei einer Halloweenparty und – vielleicht das noch objektiv betrachtet problematischste Motiv – mit einem toten Huhn in den Händen.

Noch am Dienstag der Vorwoche hatte sich Mark Zuckerberg, der hier unter anderem das Huhn hält, an die Facebook-Community gewandt. „Ich habe Facebook auf der Idee gegründet, dass Menschen sich mit anderen Menschen vernetzen und ihre Leben teilen wollen“, heißt es da. „Aber um dies zu tun, braucht jeder jederzeit vollständige Kontrolle darüber, mit wem er etwas teilt.“ Dass Zuckerberg nun selbst die Kontrolle verloren hat und Opfer eines Angriffs auf die Privatsphäre im eigenen Netzwerk wurde, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Aber basiert es auf einem grundlegenden Fehler im System? „Nein“, sagt Facebooks deutsche Sprecherin Tina Kulow vehement. „Das war ein Bug, ein Programmfehler. Mit einer allgemeinen Datenschutzpanne hat das nichts zu tun.“ Durch das Leck seien keine Nutzerinformationen gefährdet worden, lediglich kurzzeitig sei eine begrenzte Anzahl Fotos eines Nutzers – Zuckerbergs – sichtbar gewesen. „Die Privatsphäre unserer Nutzerdaten ist für uns von höchster Priorität und wir investieren zahlreiche Ressourcen, um unsere Plattform und unsere Nutzer zu schützen“, schrieb Facebook in einer Pressemitteilung. Dazu werde bereits jetzt umfassend mit von Facebook verpflichteten Hackern, sogenannten „Whitehats“ zusammengearbeitet, die sicherstellen sollen, dass Fehler intern erkannt und gebannt werden, bevor sie extern sichtbar werden.

Dass das nun zum wiederholten Mal nichts gegen ungewollte Datenlecks geholfen hat, wiegt indes eventuell noch schwerer als eine generelle Laxheit in Bezug auf Privatsphäre, der Facebook jüngst – in Deutschland nicht zuletzt durch die Ernennung der charismatischen Kulow zu Beginn des Jahres – merklich entgegenzusteuern versuchte. Dass, wie in diesem Fall, das Melden eines öffentlich einsehbaren Fotos eines Nutzers an die Facebookbetreiber wegen vermeintlich anstößiger Inhalte in einigen Fällen dazu führte, dass der meldende Nutzer auch andere, private Fotos des Gemeldeten sehen konnte, ist genau die Art von Fehler, die durch eine sorgfältige Kontrolle eigentlich ausgeschlossen sein sollte, aber offensichtlich niemals ganz ausgeschlossen werden kann. Was es vor diesem Hintergrund tatsächlich bedeutet, dass auch der Anti-PrivatsphärePionier Zuckerberg selbst zuletzt merklich sensibler als noch vor ein paar Jahren auftrat, lässt sich nicht letztgültig sagen. „Wir haben es den Menschen leicht gemacht, sich dabei wohlzufühlen, Dinge über ihr echtes Leben zu teilen“, schrieb Zuckerberg in seinem Statement, das auch eine Reaktion auf datenschutzrechtliche Bedenken der US-Amerikanischen Federal Trade Commission ist. Dass bei allem bekundeten Bemühen um Datensicherheit ein systemisches Restrisiko bleibt, hat Zuckerberg, der nun mit einem eigentlich privaten Huhn in der Öffentlichkeit steht, nun selbst erfahren.

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