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Fährunglück: Katastrophe im Roten Meer

Bei einem der schwersten Fährunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind am Freitag im Roten Meer wahrscheinlich mehr als 1.000 Menschen ertrunken.

Kairo - Die ägyptische Fähre «Al Salam Boccaccio 98» hatte am Donnerstagabend nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen mit 1.415 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord den saudiarabischen Hafen Dhiba verlassen. Rund 90 Kilometer vor ihrem Ziel, dem ägyptischen Hafen Safaga, sank die Fähre. Das berichtete die ägyptische Nachrichtenagentur MENA. Zur genauen Zahl der Todesopfer gab es zunächst keine konkreten Angaben. Über die Unglücksursache wurde noch spekuliert: Schlechtes Wetter oder ein technischer Defekt galten als möglich.

Bis zum Abend zogen Helfer nach inoffiziellen Informationen aus Sicherheitskreisen 80 Überlebende aus den Fluten. 14 Passagiere hätten es aus eigener Kraft bis ans Ufer geschafft, hieß es. Dutzende von Leichen wurden geborgen. Mehrere Verletzte wurden in einem Krankenhaus im Urlaubsort Hurgada, der 60 Kilometer nördlich von Safaga liegt, versorgt.

Im Hafen von Safaga drängten sich Tausende von Angehörigen der vermissten Passagiere und warteten auf Neuigkeiten über das Schicksal ihrer Lieben. Viele von ihnen waren schon nach Safaga gereist, bevor bekannt wurde, dass das Schiff gesunken ist. Sie hatten ihre Verwandten im Hafen empfangen wollen. Doch die Freude über die geplante Heimkehr der Reisenden wich bangem Warten und Entsetzen, als die ersten Meldungen über die Tragödie die Runde machten.

Unglücksursache unklar

Weshalb das Schiff sank, war zunächst unklar. Behördenvertreter am Ort des Unglücks sprachen von einem kräftigen Wind und Wellen von bis zu zehn Metern Höhe in der Nacht zum Freitag. Später hieß es jedoch aus ägyptischen Sicherheitskreisen, es habe möglicherweise einen technischen Defekt gegeben. Das Schiff sei am vergangenen Dienstag vor seiner Abreise in Safaga und dann am Donnerstag in Saudi-Arabien überprüft worden. Der Direktor des Hafens von Dhiba, Mahmud al-Harbi, sagte der Agentur MENA, es hätten sich nicht mehr Passagiere als erlaubt an Bord befunden.

Die Fähre hatte Dhiba, den nördlichsten saudiarabischen Hafen am Roten Meer, um 20.30 Uhr Ortszeit verlassen. In Safaga hätte sie um 2.30 Uhr ankommen sollen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Besatzung der Fähre laut MENA bereits einen Notruf abgesetzt, der von der ägyptischen Fähre «Sankt Kathrin» empfangen wurde. Doch die Rettungsaktion der Behörden, die in den Morgenstunden begann, kam für die meisten Passagiere des Schiffes zu spät.

An Bord der Unglücksfähre waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen hauptsächlich Ägypter sowie rund 100 Araber aus anderen Staaten. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte am Freitagabend noch keine Erkenntnisse, ob auch Deutsche von dem Fährunglück betroffen sein könnten. Die US-Botschaft in Kairo dementierte Berichte über einen amerikanischen Passagier.

Die Fähren, die zwischen Saudi-Arabien und Ägypten verkehren, sind für viele ägyptische Arbeiter der billigste Weg, um zu ihren Arbeitsplätzen in den reichen Golfstaaten oder zur muslimischen Wallfahrt nach Mekka zu gelangen. Auf der Strecke hatte es schon mehrfach Unglücke mit Hunderten von Todesopfern gegeben.

"Fähren können leicht umkippen"

Mitschuld daran ist oftmals der Einsatz älterer Autofähren vom Roll-on-Roll-off-Typ, die bei Experten als gefährlich gelten. «Die Schiffe haben eine Bug- und eine Heck-Klappe und dazwischen Autodecks im Stil riesiger Tiefgaragen», erläuterte der Leiter des ADAC- Fährentests, Jens-Peter Hoffmann, in einem dpa-Gespräch. «Läuft vorn Wasser herein, breitet es sich schnell im ganzen Schiff aus, und die Fähren können leicht umkippen.»

Auch die 1970 gebaute Unglücksfähre «Al Salam Boccaccio 98» gehört zu diesem Typ. Das Schiff hat eine Größe von mehr als 11 000 Tonnen, ist 118 Meter lang und bis zu 17 Knoten (31,5 Stundenkilometer) schnell. An Bord ist Platz für nahezu 1500 Passagiere und Autos. Eine über 100-köpfige Besatzung betreute die Reisenden auf den Fahrten. (tso/dpa)

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