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Blumen und Kerzen stehen am Mittwoch in Bonn neben einem Holzkreuz an der Stelle, an der der später verstorbene Niklas P. am 07.05.2016 von Schlägern attackiert wurde. Nach der tödlichen Prügelattacke hat die Polizei den mutmaßlichen Haupttäter festgenommen.

© dpa

Fall Niklas P. in Bonn: Mutmaßlicher Täter soll wegen Totschlags vor Gericht

Ein Schlag, ein Tritt - ein 20-Jähriger soll den Schüler Niklas P. totgeprügelt haben. Rechte Gruppierungen versuchen weiter, den Fall für ihre Zwecke zu nutzen.

Der "Fall Niklas" bewegt Bonn: Der 17-Jährige war in der Nacht des 7. Mai 2016 zusammen mit einem Freund und zwei Freundinnen von der Großveranstaltung „Rhein in Flammen" auf dem Weg zum Bahnhof. Im Stadtteil Bad Godesberg kam es zu einem Streit mit drei ihnen unbekannten Männern, es folgten Handgemenge und ein Wortgefecht zwischen Niklas P. und einem 20-Jährigen. Dieser soll Niklas P. mit einem Schlag an den Kopf getroffen haben, und als dieser bewusstlos am Boden lag, nochmal gegen den Kopf getreten haben, berichtet Robin Faßbender von der Staatsanwaltschaft Bonn. Die Täter flüchteten, als weitere Menschen hinzukamen. Die Begleiter von Niklas P. wurden leicht verletzt. Noch am Tatort wurde Niklas P. von einem Notarzt reanimiert, er starb jedoch eine Woche später im Krankenhaus.

Am Dienstag konnte der 20-jährige mutmaßliche Täter verhaftet werden. Er wurde in Italien geboren und war bereits wegen diverser Gewaltdelikte aufgefallen. Er bestreitet bisher jegliche Tatbeteiligung. Bei der Vernehmung habe er sich jedoch in Widersprüche verwickelt, sagte Staatsanwalt Faßbender. Zudem war er von Zeugen eindeutig identifiziert werden. Gegen den Mann soll nun ein Haftbefehl wegen Totschlags erlassen werden. Zwei andere Tatverdächtige musste die Polizei wieder laufen lassen. Gegen sie konnte der Tatverdacht nicht bestätigt werden. Nach wie vor sind zwei mutmaßliche Täter auf der Flucht. Die Polizei schloss zudem nicht aus, dass noch weitere Männer an der Tat beteiligt gewesen waren.

Auch am Mittwoch kam es wieder zu Demos von rechten Gruppen

„Dunkler Hauttyp, schwarze Haare, etwa 17 bis 20 Jahre alt" – so hatten Niklas’ Freunde die Täter beschrieben. Am Samstag war es am Tatort zu einem Aufmarsch von rechten Gruppen gekommen. Die Demonstration war bei der Polizei angemeldet gewesen. Die etwa 50 Teilnehmer instrumentalisierten jedoch den Tod des 17-Jährigen – so sieht es das Bündnis „Bonn stellt sich quer". Auch ungefähr 400 Gegendemonstranten und ein Großaufgebot von Polizisten waren vor Ort. Der Sprecher von „Bonn stellt sich quer", Martin Behrsing, sagt, die Polizei habe es ermöglicht, dass der Gedenkort von Neonazis eingenommen werden konnte. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Auch am Mittwoch demonstrierten rechtsradikale Gruppen, diesmal auf dem Theaterplatz in Bonn. Ihnen geht es dabei um die Meinungsfreiheit. Anwohner sind empört, dass die Rechten weiter versuchen, den Tod für ihre Zwecke zu nutzen.

Am Samstag soll Niklas P. in Bad Godesberg beerdigt werden. Unter den Trauernden sind auch viele Muslime, Niklas P. war mit muslimischen Jugendlichen befreundet. „Deshalb ist eine Instrumentalisierung der Tat für ausländerfeindliche Parolen geradezu grotesk," sagt Pfarrer Wolfgang Picken. Der Bad Godesberger Pfarrer bittet darum, politische Aktionen während der Beerdigung zu unterlassen: „Das Verlangen, sich auch politisch zu dem Vorfall zu positionieren, ist verständlich, aber sollte nicht zuletzt aus Respekt vor den Angehörigen andere Orte in Bad Godesberg finden." Bonns Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (CDU) kündigte einen „Runden Tisch gegen Gewalt" an, zu dem Kirchen, Polizei, städtische Ämter und Stabsstellen eingeladen werden sollen. Ziel sei es, präventiv auf Jugendliche einzuwirken – und gewaltsame Angriffe zu verhindern.

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