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"Fall Stephanie": Justizminister in der Kritik

Nach den diversen Justizpannen im "Fall Stephanie" fordert deren Vater personelle Konsequenzen für Sachsens Justizminister Mackenroth. Derweil hat der Strafverteidiger von Mario M. einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter eingereicht.

Dresden - Sowohl Vertreter der Regierungsparteien CDU und SPD als auch die Oppositionsfraktionen warfen Mackenroth schwere Versäumnisse vor. Erst diese hätten unter anderem die Flucht des mutmaßlichen Vergewaltigers der Dresdner Schülerin Stephanie, Mario M., auf das Dach des Untersuchungsgefängnisses ermöglicht. Mackenroth räumte erneut Fehler ein und kündigte eine Verschärfung der Sicherheitsstandards an. Der Vater der Anfang des Jahres von dem vorbestraften Sexualstraftäter mehrfach missbrauchten Stephanie äußerte sich enttäuscht von den Ministeräußerungen.

CDU-Rechtsexperte Marko Schiemann sprach sogar von einem "Verstoß gegen die Menschenwürde" des Opfers. Der Rechtsexperte der Linksfraktion/PDS, Klaus Bartl, warf der Justiz Unfähigkeit vor. Wer es nicht schaffe, einen Täter wie Mario M. unter Kontrolle zu halten, "arbeitet dilettantisch, auch in den Augen der Bevölkerung". Der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens sagte, der Vorfall habe dem Ansehen des Strafvollzugs und seiner Beschäftigten schwer geschadet. Der Grünen-Politiker Johannes Lichdi betonte, es gebe noch mehr Probleme in der sächsischen Justiz. Auch die SPD kritisierte den Vorfall.

Befangenheitsantrag gegen Vorsitzenden Richter gestellt

Der Verteidiger des Sexualstraftäters Mario M. hat derweil einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter im Stephanie-Prozess eingereicht. Der Antrag richte sich nur gegen Richter Tom Maciejewski, sagte eine Gerichtssprecherin und bestätigte damit einen Bericht der "Dresdner Neuesten Nachrichten". Der Antrag ist dem Blatt zufolge mit der Art und Weise begründet, wie Mario M. nach seiner Flucht auf das Dach des Dresdner Gefängnisses im Gericht vorgeführt wurde. M. musste am zweiten Prozesstag Fesselhandschuhe und eine Fußkette tragen und wurde zudem von sieben Elitepolizisten bewacht.

Nach Angaben der Gerichtssprecherin soll der Prozess wie geplant am 21. November fortgesetzt werden. Dann werde auch die Entscheidung zu dem Befangenheitsantrag verkündet.

Mackenroth äußert Bedauern über Geschehen

Mackenroth sagte, er wolle "verhindern, dass Straftäter wie M. jemals wieder auf freien Fuß kommen, solange sie eine Gefahr darstellen". Ziel sei, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass verurteilte Sexualstraftäter nicht wieder freigelassen werden. Hierfür solle die Sicherungsverwahrung ausgeweitet werden. Nach der Entlassung eines gefährlichen Täters sollen diese zudem stärker als bislang unter Beobachtung bleiben. Um Vorkommnisse wie bei Mario M. zu vermeiden, werden laut Mackenroth alle Gefängnisse in Sachsen einer Schwachstellenanalyse unterzogen.

An die Adresse von Stephanies Familie sagte der Minister, er habe für den Zorn des Vaters Verständnis. "Ich möchte ihn bitten, Polizei und Justiz nicht als Gegner anzusehen", betonte er. Stephanies Angst verstärke sich durch die Geschehnisse. "Diese Vorstellung löst auch bei mir Bestürzung aus. Ich bedauere persönlich, was geschehen ist", betonte Mackenroth.

Stephanies Vater fordert personelle Konsequenzen

Stephanies Vater Joachim R., der im Landtag erschienen war, kritisierte, dass er noch keinerlei Verbesserungen sehe. Er forderte erneut die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses sowie personelle Konsequenzen.

M. steht wegen Geiselnahme, Kindesentziehung und schweren sexuellen Missbrauchs sowie Vergewaltigung vor Gericht. Er soll die damals 13-jährige Stephanie im Januar und Februar 36 Tage lang gefangen gehalten und über hundert Mal vergewaltigt haben. Am ersten Verhandlungstag hatte er ein umfassendes Geständnis abgelegt. Am vergangenen Mittwoch war M. während eines Hofgangs seinen Wärtern entwischt und hatte das Dach eines Gefängnisgebäudes der JVA Dresden erklommen. Erst nach 20 Stunden gelang es der Polizei, den Mann zur Aufgabe zu bewegen. (tso/ddp)

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