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Testprojekt. Auf der Autobahn A8 München – Salzburg stehen, wie hier an der Auffahrt Grabenstätt, Warnschilder, die Falschfahrer stoppen sollen.

© dapd

Falsche Richtung?: Hilfe - Geisterfahrer! Und was dann?

Immer wieder verursachen Geisterfahrer schwere Unfälle auf Deutschlands Autobahnen. Was sollten Fahrer tun, wenn ihnen ein Falschfahrer entgegenkommt? Und was sollte der Geisterfahrer tun, wenn er merkt, dass er in der falschen Spur ist?

Von Andreas Oswald

„Warum sind heute bloß so viele Geisterfahrer unterwegs?“ Das war der erste Gedanke eines Mannes, als ihm auf der Autobahn mehrere Fahrzeuge entgegenkamen, deren Fahrer einen hektischen und verwirrten Eindruck machten. Es dauerte einen langen Moment, bis der Mann auf die Idee kam, dass er derjenige war, der falsch fährt. Die Sache ging gut aus. Es gab nicht viel Verkehr, er wendete und fuhr weiter.

Genau das sollten Geisterfahrer nicht tun, sagt ADAC-Sprecher Jürgen Grieving. Wer merkt, dass er in die falsche Richtung fährt, sollte sofort bremsen und auf die für ihn linke Seite auf den Seitenstreifen fahren, anhalten, die Warnblinkanlage einschalten und warten, bis die Polizei kommt und hilft. Eigenmächtiges Wenden sei lebensgefährlich. Der normale Autofahrer habe so etwas nie geübt und könne die Geschwindigkeit der anderen Fahrer nicht einschätzen, sagt Grieving.

Nach dem schweren Unfall am Sonntag mit sechs Todesopfern stellt sich außerdem die Frage, wie sich Fahrer verhalten sollen, die plötzlich einen Geisterfahrer vor sich sehen? In der Regel fährt der Geisterfahrer verunsichert auf der für ihn rechten Seite, also auf der regulär linken. Wer einem solchen Fahrer begegnet, sollte sofort auf den rechten Seitenstreifen fahren und bremsen, aber nicht zu stark, das könnte Auffahrunfälle provozieren. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Sollte es eine Meldung im Radio geben, dass ein Falschfahrer genau auf dieser Strecke unterwegs sei, empfiehlt der ADAC, auf das Überholen zu verzichten, ganz rechts zu fahren und die nächste Abfahrt zu nutzen, es kann auch ein Parkplatz sein oder eine Tankstelle. Dort sollte abgewartet werden, bis die Meldung im Radio kommt, dass die Gefahr vorbei sei.

Obwohl es einige Zeit dauert, bis eine Gefahrenmeldung im Radio läuft, ist sie dennoch oft sinnvoll. Wenn wenig Verkehr herrscht, vor allem nachts und in der Frühe, fahren Geisterfahrer oftmals mehrere Kilometer weit, bis sie merken, dass etwas nicht stimmt. Über Radio gewarnte Fahrer können sich dann noch schützen.

Laut ADAC sind es jährlich etwa 20 Menschen, die durch einen Geisterfahrer sterben. Dass es seit Anfang Oktober drei tödliche Geisterfahrten gab, kann eine zufällige Häufung sein. Jährlich werden zwar 2800 Vorkommnisse im Radio gemeldet, aber nur bei einem Viertel werden sie anschließend von der Polizei bestätigt. In den meisten Fällen handelt es sich um Personen, die eine Ausfahrt verpasst haben und anschließend versuchen rückwärts von der Autobahn zu kommen.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, warum sich Fahrzeuge plötzlich in die falsche Richtung bewegen. Ein Fahrer erzählt, er sei auf verschneiter Bahn bei der Auffahrt auf die Autobahn ins Rutschen gekommen, das Fahrzeug habe sich gedreht und sei in falscher Richtung zum Stehen gekommen. Zum Glück seien die anderen Fahrzeuge wegen des Schnees langsam gefahren, er konnte wenden.

Wem so etwas passiert, der hat anschließend sehr zu kämpfen. Eine Fahrerin erzählt, sie habe Tage gebraucht, um den Vorfall zu verarbeiten und denke bis heute ständig daran, wenn sie Auto fahre.

Was kann getan werden, um die Gefahr durch Geisterfahrer zu reduzieren? In den Fällen, in denen es sich um einen Suizid handelt, kann man nichts machen. An Autobahnauffahrten, auf denen es in der Vergangenheit mehrere Vorfälle gegeben hat, könnten bauliche Maßnahmen helfen. In der Regel sind Verkehrsführungen und Beschilderungen in Deutschland sehr deutlich, wenn man das mit anderen Ländern vergleicht. Andererseits passt man dort dann vielleicht besser auf. Aber auch in Deutschland gibt es noch Autobahnauffahrten, die kurz, eng und unübersichtlich sind.

Der Unfall vom Sonntag bei Offenburg. Sechs Menschen starben, als ein 20 Jahre alter Offenburger in falscher Richtung auf die Autobahn Richtung Basel fuhr.
Der Unfall vom Sonntag bei Offenburg. Sechs Menschen starben, als ein 20 Jahre alter Offenburger in falscher Richtung auf die Autobahn Richtung Basel fuhr.

© dpa

Eine Möglichkeit sind gelbe Warnschilder (Foto oben). In Österreich wurden sie bereits in großem Stil aufgestellt, in Deutschland gibt es lediglich einen Test auf der A8 von München nach Salzburg. Ob diese Maßnahme etwas gebracht hat, darüber liegen noch keine Zahlen vor. Es ist aber gut möglich, dass die jüngsten Vorfälle zu einem flächendeckenden Aufbau solcher Schilder führen.

Sogenannte Krallen könnten ebenfalls helfen. Fahrer können nur von einer Seite über sie hinwegfahren, wer in die falsche Richtung fährt, den stoppen aufgeschlitzte Reifen. Der ADAC hält wenig davon. Oftmals müssten bei schweren Massenkarambolagen Polizei und Rettungsfahrzeuge in falscher Richtung zum Unfallort fahren, heißt es. Das wäre dann nicht mehr möglich.

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