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Jan Ullrich (Archiv)

© dpa/Gian Ehrenzeller/KEYSTONE

Update

Festnahme in Frankfurt am Main: Nach Würgevorwurf von Escortdame – Jan Ullrich in Klinik zwangseingewiesen

Radfahrerlegende Jan Ullrich soll in Frankfurt unter Alkohol- und Drogeneinfluss eine Frau gewürgt haben. Nun wurde er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Nächster Akt im Drama um den ehemaligen deutschen Radrennstar Jan Ullrich: Der Tour-de-France-Sieger von 1997 wurde am frühen Freitagmorgen in einem Luxushotel in Frankfurt am Main festgenommen. Am Abend durfte er die Polizeiwache wieder verlassen. Dies bestätigte eine Sprecherin der Polizei. Den Angaben zufolge geriet der 44-Jährige mit einer Escortdame in Streit und attackierte sie so, dass sie medizinisch behandelt werden musste. Die Frau wandte sich an das Hotelpersonal, das die Polizei alarmierte. Die Mordkommission ermittelt.

Ullrich soll die Frau "gewürgt haben, bis ihr schwarz vor Augen wurde", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ullrich habe "zur fraglichen Tatzeit unter massivem Alkohol- und Drogeneinfluss" gestanden. Zunächst konnte er deshalb nicht vernommen werden. Am Nachmittag sagte eine Polizeisprecherin, dass Ullrich inzwischen befragt worden sei, aber auf Anraten seines Anwalts von seinem Schweigerecht Gebraucht gemacht habe.

Doch als Ullrich am Nachmittag das Polizeipräsidium verlassen sollte, soll er nach Informationen der „Bild“-Zeitung auf dem Hof erneut ausgerastet sein. Daraufhin wurde der ehemalige Radstar in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, wie die Polizei am Abend bestätigte.

Wie der Hessische Rundfunk berichtete, habe sich der Streit nach Angaben der Ermittler offenbar daran entzündet, dass Ullrich unzufrieden mit der Escortdame war. Die Polizei will nach eigenen Angaben das Opfer befragen, "den Tatvorwurf entkräften oder konkretisieren", wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete.

Dieser lautet nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt auf versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung. Für Ersteres gebe es aber "keinen dringenden Tatverdacht", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nadja Niesen. Er werde nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft im Laufe des Freitagnachmittags wieder entlassen werden, teilte die Polizei Frankfurt am Main mit. Die Voraussetzungen für eine Inhaftierung lägen nicht vor.

Erst am vergangenen Wochenende war Ullrich – wie häufiger in der jüngeren Vergangenheit – in die Schlagzeilen geraten. Am Abend des 3. August war es auf Mallorca auf dem Grundstück von Ullrichs Nachbar Til Schweiger (54) in einem Vorort der Inselhauptstadt Palma zu einem Zwischenfall gekommen. Ullrich soll – offenbar angetrunken – auf das Grundstück des Film- und Fernsehstars Schweiger gelangt sein – obwohl dieser das nach eigenen Angaben verhindern wollte.

Ullrich soll trotz expliziten Zutrittsverbots über den Zaun geklettert sein, randaliert und Gäste angegriffen haben. Über den Verlauf des Streits machten beide verschiedenen Medienberichten zufolge allerdings unterschiedliche Angaben. Ullrich kam vorübergehend in Polizeigewahrsam und wurde nach rund 24 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin darf der Ex-Sportstar sich Schweiger nicht mehr nähern. Spanischen Medienberichten zufolge zeigte Schweiger Ullrich wegen Hausfriedensbruchs, Bedrohung und Aggression an.

Nach dem Wochenende gestand Ullrich via "Bild" private Probleme ein. "Die Trennung von Sara und die Ferne zu meinen Kindern, die ich seit Ostern nicht gesehen und kaum gesprochen habe, haben mich sehr mitgenommen. Dadurch habe ich Sachen gemacht und genommen, die ich sehr bereue." Ullrichs Ehefrau Sara war mit den drei gemeinsamen Söhnen nach Deutschland gezogen. Ullrich kündigte mit Blick auf seine Probleme an: "Aus Liebe zu meinen Kindern mache ich jetzt eine Therapie."

Er bestreite aber, süchtig zu sein, schrieb die Zeitung. Ullrich ließ außerdem offen, um was für eine Art von Therapie genau es sich handelt. Wie das Blatt am Freitag berichtete, soll Ullrich am Donnerstagabend nach Frankfurt gereist sein, um eine Therapie aufzunehmen. Anwalt Wolfgang Hoppe hatte zuvor gesagt, er habe bereits vor einiger Zeit einen Platz in einer Klinik in Deutschland für den Ex-Radprofi reserviert.

Ullrich gewann 1997 als bislang einziger deutscher Rennradfahrer die Tour de France, 2000 wurde er in Sydney Olympiasieger. Später sah er sich mit Dopingvorwürfen konfrontiert und wurde 2006 von der Tour de France ausgeschlossen. 2007 beendete "Ulle" seine Karriere. Was folgte, war der persönliche Absturz. "Er hat sich verändert", verbreitete Schweiger – dessen Nachbar Ullrich seit zwei Jahren ist – via "Bild" , und dass er und andere an ihn appelliert hätten: "Es ist doch deine Verantwortung als Vater, dass du so alt wirst wie möglich. Deine Kinder lieben und brauchen dich. Seine Freunde und ich haben so oft auf ihn eingeredet. Du musst einen Entzug machen. Du verlierst dein ganzes Leben."

Nach dem Vorfall auf Mallorca hatte nach Informationen Hoppes sogar Ullrichs ehemaliger Rivale Lance Armstrong Hilfe angeboten haben. Armstrong sei sehr an Ullrichs Schicksal interessiert, sagte Hoppe der "Bild". Armstrong habe gesagt, dass die Rad-Community zusammenhalten müsse. "Aber das Wichtigste sei erst mal, dass Jan sich helfen lassen will. Und dann ist Armstrong sofort bereit, sich mit einem Arzt in ein Flugzeug zu setzen und nach Europa zu kommen", zitierte Hoppe aus einem Telefonat mit Armstrong.

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