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Panorama: Feuer im Urlaubsparadies

Gran Canaria und Teneriffa – Tausende werden von Flammen und Rauch verfolgt

Ein Geruch nach verkohltem Pinienholz liegt in der Luft. Seit Freitag brennt nun schon der Wald. „Nehmen sie nur das Nötigste mit“, tönt es aus dem Lautsprecher des Polizeiwagens. „Der Ort wird geräumt.“ Rauch zieht durch die Gassen von Mogan, jenem 2000-Einwohner-Bergdorf auf der Urlaubsinsel Gran Canaria, bis an die Häuser sind die Flammen vorgerückt. Ein Inferno – nur zehn Kilometer von der Küste entfernt. Reisetaschen in der Hand, Rucksäcke auf dem Rücken – die Menschen sammeln sich auf dem Dorfplatz, wo schon Autobusse warten, um die Bewohner in Sicherheit zu bringen. Einige weinen. Kinder schreien. Andere, die ihr Hab und Gut nicht freiwillig zurücklassen wollten, werden von Polizisten mit sanftem Druck zur Flucht gezwungen. „Was wird aus unserem Haus“, schluchzt eine ältere Frau.

Nördlich des Dorfes Mogan sieht man den Wald brennen. Eine kilometerlange Feuerwand zieht sich von hier hinauf in die Berge des Inselinneren. Bis zum gut 20 Kilometer weit entfernten Ort Tejeda, nahe dem vor knapp einer Woche ausgerechnet ein Forsthelfer das Feuer als Racheakt gelegt hatte. Die Flammen fressen sich durch die knochentrockene Vegetation. Betroffen sind bisher weniger die Urlauber, sondern in erster Linie die Inselbewohner – darunter auch viele Deutsche, die sich jenseits der Bettenburgen in den grün bewaldeten Bergen der Insel ein Zuhause aufgebaut haben. Eine von ihnen ist Margarethe Korb. Sie wohnt drei Kilometer außerhalb des Bergdorfes Mogan, das etwa acht Kilometer entfernt vom Hafen- und Touristenort Puerto de Mogan an der Küste entfernt liegt. „Ich weiß nicht, ob mein Haus noch steht“, erzählt Margarethe Korb unter Tränen. „Ich habe nur überlebt, weil ich die Eingebung hatte, dass ein fürchterliches Unglück geschehen würde. Darum habe ich schon am Samstag meine beiden Hunde ins Auto gesetzt, bin nach Puerto de Mogan gefahren und habe dort auf dem Parkplatz übernachtet.“ Margarethe Korb lebt seit sieben Jahren auf der Insel in einem kanarischen Haus. Als die Deutsche am Montagmorgen zurückfahren wollte, war die Straße zu ihrem Haus, das drei Kilometer außerhalb des Bergdorfes und damit dem Feuer am nächsten liegt, gesperrt. „Was ich da gesehen habe, hat mir die Luft genommen und ich war wie gelähmt. Ich konnte nicht einmal mehr weinen, als ich die Feuerwalze gesehen habe“, sagt die 49-Jährige. „Ich stand bei Freunden auf dem Balkon, und in der Richtung, in der mein Haus steht, habe ich nur noch gesehen, wie weiße glühende Stichflammen in die Höhe gingen. Es regnete Asche. Wie bei einem Vulkanausbruch kam die Feuerwalze den Berg herunter – ich kann mir nicht vorstellen, dass da noch ein Stein auf dem anderen steht“, sagt sie verzweifelt.

In Mogan werden die Evakuierten von Mitarbeitern des Roten Kreuzes und der Gemeinde mit Decken und Lebensmitteln versorgt. Anschließend werden sie in Hotels und Pensionen untergebracht. Weil Margarethe Korb sich nicht von ihren Hunden trennen will, schläft sie weiterhin mit ihren Tieren im Auto.

Die große Hitze mit Werten von über 40 Grad, die Trockenheit und der starke Wind erschwerten die Löscharbeiten. Im Süden der Insel breitet sich der Waldbrand weiter aus. Mehr als 10 000 Hektar Wald- und Buschland sind auf Gran Canaria bis zum Dienstag verbrannt. Es ist die größte Brandkatastrophe in der Geschichte der Insel. Nach verschiedenen Angaben sind bis zu 11 000 Menschen vor den Flammen geflüchtet. Sie wurden in Hotels und Sporthallen an der Küste untergebracht. Touristenhotels an der Küste sind bisher nicht direkt betroffen. Einzig der Club Aldiana im Landesinneren wurde geräumt. 40 Urlauber wurden in Sicherheit gebracht.

Auf Teneriffa, der größten und mit 850 000 Einwohnern bevölkerungsreichsten Kanareninsel, mussten 5000 Menschen im bergigen Hinterland ihre Häuser verlassen. Das Großfeuer auf Teneriffa war Montagmorgen in der Gegend um Los Realejos ausgebrochen und breitete sich mit rasender Geschwindigkeit aus. Es wird ebenfalls Brandstiftung als Ursache des Feuers vermutet. Die Flammen auf Teneriffa loderten in einem 13 000 Hektar großen Berggebiet zwischen den Orten Garachico, El Tanque, Santiago del Teide und Icod de los Vinos. „Die Situation ist dramatisch", sagt mit grauem Gesicht der Regierungschef der Kanarischen Inseln, Paulino Rivero. Nicht nur weil die Feuer auf Teneriffa und Gran Canaria Naturreservate zerstören. Sondern auch weil die Großfeuer die Urlauber abschrecken könnten. Auf den Kanaren machen jedes Jahr neun Millionen Menschen Ferien. Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftssektor. Die Urlaubzentren an den Küsten sind bisher nicht von den Flammen bedroht. An manchen Stränden rieselt Asche nieder, die mit dem Wind weit durch die Luft getrieben wird.

Die Autorin ist Chefredakteurin der deutschsprachigen Zeitung „Info Canarias“ auf den Kanarischen Inseln.

Stephanie Stallmann[El Tablero], Ralph Schulze

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