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US-CRIME-MURDER

© AFP

Finanzkrise: US-Manager tötet sich und seine Familie

Er galt als brillant, als Held, gründete einen Risikofonds, verdiente Millionen – dann kam der Crash. Karthik Rajaram tötete seine 39-jährige Frau, seine drei Kinder und schließlich sich selbst.

Was er anfasste, wurde zu Gold. Er galt als Held, im Beruf so brillant wie ehrgeizig: Der US-Finanzmanager war an der Gründung eines Risikofonds beteiligt und mehrte jahrelang erfolgreich sein Vermögen – und das Vermögen anderer. Der amerikanische Traum aber hing für den aus Indien stammenden Karthik Rajaram an einem seidenen Faden. Er schien das in letzter Zeit zu spüren. Seine Arbeitskollegen beschrieben ihn zunehmend als „nervös“ und „auffällig“. Es ging nicht gut mit den Geschäften. Der Mann verlor zuerst seinen Job, dann gingen die Börsen in einen Sturzflug über. Karthik Rajaram ging in ein Waffengeschäft in Los Angeles und kaufte sich dort, was er brauchte. Am vergangenen Wochenende erschoss der 45-Jährige mitten in der Nacht seine 39 Jahre alte Frau, seine drei Söhne im Alter zwischen sieben und 19 Jahren und seine Schwiegermutter. Dann richtete er die Waffe gegen sich selbst.

Als erste fanden die Polizisten die Leiche der 69 Jahre alten Schwiegermutter. Alle Opfer lagen in ihren Schlafzimmern, alle starben durch Kopfschüsse.

Panik, schlaflose Nächte, Depressionen und schließlich das Aus. Die Finanzkrise fordert ihre ersten Opfer. Drei Abschiedsbriefe beleuchten Rajarams grausame Entscheidung. In einem Brief an die Polizei schildert er sein Dilemma: Entweder er tötet die gesamte, ahnungslose in ihren Betten schlafende Familie – oder nur sich selbst. Er wählte die erste Möglichkeit. Laut „Los Angeles Times“ schien ihm dieser Schritt „ehrenvoller“ zu sein. Denn Rajaram hatte in seinen Augen Unehre und Unglück über die Familie gebracht. Der Immigrant hatte alles gegeben, jedoch zu hoch gesetzt – und verloren.

Wie er in einem zweiten Abschiedsbrief erklärt, macht er die Wirtschaftskrise für seine Tat verantwortlich. Laut „Los Angeles Times“ war sein gesamtes Vermögen durch den Börsencrash der vergangenen Tage vernichtet worden. Und dabei hatte der dreifache Vater nur getan, was die meisten Immigranten in den USA tun. Harte Arbeit sollte den Kindern und der Frau ein besseres Leben bieten. Wie die Nachbarn strebte er nach einem besseren Haus, nach einem größeren Wagen, nach mehr Luxus. Mithalten reichte nicht, „bigger is better“ lautet die Maxime.

Der Weg dahin wurde in den vergangenen Jahren für bestimmte Leute immer einfacher. Billige Kredite, explodierende Hauspreise schufen den Irrglauben, dass es nur aufwärts gehen kann in einer Gesellschaft, die auf Pump lebt. Rajaram hatte sein BWL-Studium mit herausragendem Ergebnis an der Universität von Kalifornien abgeschlossen. Er hatte bis vor kurzem einen guten Job und soll 1,2 Millionen Dollar durch den Verkauf eines von ihm mitbegründeten Risikofonds an der Londoner Börse verdient haben. Von der Londoner Presse wurde er damals gefeiert. Auch bei den Immobilien hatte er Glück: Verkaufte er doch vor zwei Jahren ein Haus, das er 1997 für 274 000 Dollar erworben hatte. Rechtzeitig, als der Immobilienboom den Zenit überschritt, erhielt er dafür eine Dreiviertelmillion Dollar und zog in eine „gated community“ mit Namen Sorrento Point am Fuße der Santa Susana Mountains in Porter Ranch, rund 35 Kilometer von Los Angeles entfernt. Auch dies ist ein Traum vieler US-Bürger: von der Außenwelt abgeschottet hinter Mauern mit Ihresgleichen zu leben. All dies zu verlieren und vielleicht erneut in ein einfacheres Haus und eine einfachere Gegend zu ziehen, muss Rajarams vielleicht größter Albtraum gewesen sein.

„Er liebte seine Kinder mehr als jeder andere Vater“, sagte ein Nachbar.

„Das ist eine perfekte amerikanische Familie, die absolut zerstört wurde“, sagte der stellvertretende Polizeichef von Los Angeles, Michel Moore. „Wir befinden uns in schwierigen Zeiten.“

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