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War es solch ein Tier, das den Auslöser der Kamera "drückte"?

© dpa

Florida: Schildkröte als Videokünstler

Eine Schildkröte filmte offenbar einen einzigartigen Ausschnitt aus ihrer Reise durch das Meer. Der unglaubliche Weg einer verlorenen Kamera.

Berlin - Mitte Mai fand Paul Schultz, Mitarbeiter der Küstenwache im US-Bundesstaat Florida, einen Fotoapparat am Strand der Insel Key West. Nach kurzer Überlegung schrieb er auf Scubaboard.com, einem Internetforum für Taucher: „Das hier ist ein absoluter Schuss ins Blaue.“ Er war auf der Suche nach dem Besitzer, auch wenn die einzigen Hinweise Bilder auf der Speicherkarte waren, auf denen man eine halbe Webadresse und eine Schulveranstaltung erkennen konnte.

Die Scubaboard-Community reagierte schnell. Einige wollten helfen, andere fanden die Geschichte einfach spannend. Schon wenige Tage später konnte Schultz dank einer holländischen Textzeile aus einem Foto und einem Tauchliebhaber aus den Niederlanden die Fotos orten. Die Herkunft des verlorenen Geräts war Aruba, eine Insel in der südlichen Karibik, rund 1800 Kilometer von Key West entfernt. Am Anfang war „Aquahound“, wie sich Schultz im Internet nennt, unsicher, ob er die Fotos veröffentlichen dürfe. Doch ohne die Bilder zu zeigen, hatte er wenig Chancen, auf die Spur seines Vorbesitzers zu kommen.

Nach weiteren Nachforschungen und Veröffentlichungen auf anderen Websites glaubte eine Frau, auf den Fotos die Klassenkameraden ihres Sohnes zu erkennen. Daraufhin kontaktierte sie den Vater Dick de Bruin, einen leidenschaftlichen Taucher. Sie erzählte ihm die Geschichte und es ergab sich, dass de Bruin tatsächlich der ehemalige Besitzer des Fotoapparats war. „Es ist urkomisch. Ich kann nicht aufhören zu lächeln, es ist unglaublich“, schrieb er unter ein Youtube-Video, das „Aquahound“ hochgeladen hatte.

Das Video trug zweifellos zum Erfolg der Ermittlung bei, denn es ist kein Video von de Bruin selbst. Er verlor die Kamera am 11. November. Das Video wurde aber zwei Monate später nach dem Verlust auf offenem Meer aufgenommen. Offensichtlich war eine Meeresschildkröte dem schwimmenden Gegenstand begegnet. Entweder nach einem Versuch, sie zu verspeisen, oder nach einem unglücklichen Zusammenstoß zog sie die Kamera mehrere Minuten lang mit sich. Dabei drückte sie offenbar die Aufnahmetaste und filmte einen einzigartigen Ausschnitt aus ihrer Reise durch das Meer. Nach mehreren Minuten kam auch der Schildkröte die Kamera abhanden. Erst vier Monate später tauchte sie wieder auf.

Das Video hat mittlerweile mehr als 850.000 Hits auf Youtube, und die Geschichte ist weltweit auf Resonanz gestoßen. Radio und Zeitungen in Ungarn, Holland und Taiwan berichteten über den Schildkrötenregisseur. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Während manche einfach nur begeistert sind, drücken andere ihr Mitleid mit der „armen Schildkröte“ aus. Und viele wundern sich über die unglaubliche Geschichte – und über die Haltbarkeit und Wasserfestigkeit der Nikon Coolpix. Stephen Bench-Capon

Stephen Bench-Capon

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