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Freiwillige Helfer verladen die Särge mit den 25 Leichen, die auf dem völlig überfüllten Flüchtlingsboot aus Libyen gefunden worden waren.

© AFP

Flüchtlinge über Horrorfahrt: "Dutzende über Bord geworfen"

Erneute Flüchtlingstragödie mit Dutzenden von Toten im Mittelmeer: Überlebende eines vor der libyschen Küste havarierten Bootes berichten von dem grauenvollen Tod von Frauen und Kindern, die auf See an Hunger, Durst und Entkräftung gestorben seien.

Die Männer an Bord seien gezwungen gewesen, „die Leichen, 100 an der Zahl, während der Fahrt über Bord zu werfen“, sagte einer der Geretteten italienischen Beamten auf die Insel Lampedusa.

Das weitere Flüchtlingsdrama könnte diplomatische Folgen haben, wie italienische Medien am Freitag berichteten. Denn italienische Behörden hätten ein Nato-Schiff in der Nähe erfolglos aufgefordert, dem Boot zu helfen. Das römische Außenministerium hat von der Nato eine Erklärung zu dem Vorfall verlangt.

„Wie Säcke ins Meer geworfen, gestorben an Hunger und Durst und von der Sonne verzehrt“, beschreibt die Turiner Tageszeitung „La Stampa“ am Freitag das Los der afrikanischen Flüchtlinge auf dem Schiff. Die italienische Küstenwache hat mehr als 300 Überlebende des Unglücksbootes aus den libyschen Gewässern zur nahe gelegenen Insel Lampedusa gebracht. Viele von ihnen sollen medizinische Behandlung benötigen. Tagelang hätten sie vergebens auf Hilfe gehofft.

Die Küstenwache erreichte das Flüchtlingsboot etwa 90 Seemeilen (knapp 170 Kilometer) von Lampedusa entfernt auf See. Mit vier Schiffen wurden die Überlebenden dann in Sicherheit gebracht. Über die aussichtslose Lage des manövrierunfähigen Bootes hatte ein zyprischer Schlepper als erstes ein SOS-Signal gegeben. Das Boot war am vergangenen Freitag östlich von Tripolis aufgebrochen, um den anhaltenden Wirren in dem Bürgerkriegsland entkommen zu können.

Erst am vergangenen Montag hatten die Italiener unter Deck eines in Lampedusa angekommenen Bootes aus Libyen 25 Leichen junger Männer gefunden, die dort erstickt waren. Gegen sechs Schleuser wird in der Sache ermittelt. Auf der verzweifelten Überfahrt mit oftmals kaum seetauglichen Booten von nordafrikanischen Küsten nach Europa kommt es immer wieder zu Flüchtlingsdramen.

Im Mai sollen Hunderte von Menschen nach dem Schiffbruch ihres Bootes vor der Küste von Tripolis nicht mehr das Land erreicht haben.

Anfang Juni kamen den Berichten zufolge 270 Migranten eines mit 700 Menschen überfüllten Bootes aus Libyen im Mittelmeer um. Seit Beginn des Nato-Einsatzes gegen das Regime von Diktator Muammar al-Gaddafi erreichten mehr als 20 000 Flüchtlinge von dort Italien, die meisten von ihnen über Lampedusa. (dpa)

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