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Folgen des Hurricans: "Sandy" drückt Preis für US-Erdgas

Die geringere Nachfrage als Folge der Schäden durch den Wirbelsturm “Sandy“ hat am Freitag den Preis für US-Erdgas gedrückt. Der Dezember-Kontrakt rutschte um 2,1 Prozent auf 3,62 Dollar je Million BTU ab.

An der Ostküste der USA sind immer noch Millionen ohne Strom. Daneben leide Erdgas unter den rekordhohen US-Lagerbeständen, sagten Börsianer. Sie belaufen sich nach Angaben des Energieministeriums vom Vortag auf 3,908 Billionen Kubikfuß. Analysten gehen angesichts des milden Herbst-Wetters davon aus, dass dieser Wert in den kommenden Wochen noch übertroffen wird. Im ebenfalls sturmgeplagten New York bleibt die Lage schwierig. Noch immer herrscht Verkehrschaos und es gibt in vielen Vierteln keinen Strom. Unterdessen ist die Zahl der Cholerainfektionen in Haiti laut der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen infolge des Hurrikans Sandy spürbar angestiegen.

„Bereits seit Sonntag, also einen Tag nachdem Sandy über Haiti gezogen ist, verzeichnen wir in unseren Behandlungszentren verstärkten Zulauf“, sagte Claudia Evers, die für die Organisation als Ärztin in dem Land tätig ist, am Freitag im dapd-Gespräch. Bereits mit Einsetzen der Regenzeit Anfang Oktober habe sich die seit Herbst 2010 andauernde Choleraepidemie verschlimmert. Sandy verschärfe die Situation zusätzlich. Haiti wurde im Januar 2010 von einem schweren Erdbeben verwüstet, die sanitäre Infrastruktur wurde großflächig zerstört. In der Folge kam es zu einer Choleraepidemie, der Evers zufolge bis heute 7.600 Menschen zum Opfer gefallen sind. Die Zahl der Infektionen beläuft sich ihr zufolge auf rund 600.000.

In New York und New Jersey herrscht derweil weiter Verkehrschaos.

Etwa 650.000 Bewohner New Yorks sind weiterhin ohne Strom. Der Stromanbieter Con Edison warnte, in einigen Stadtvierteln von New York werde die Stromversorgung erst am 11. November wiederhergestellt sein. Der Süden von Manhattan soll bis Samstag wieder am Netz sein. Gouverneur Cuomo kündigte auch an, dass am Freitag mehrere U-Bahnlinien und Verbindungen in New Yorker Vororte wieder in Betrieb gehen sollten. Zudem sollte der Holland-Tunnel für Busse geöffnet werden. Weitere Tunnel unter dem Hudson River sollten folgen, sobald sie wieder mit Strom versorgt seien.

An der US-Ostküste ist die Zahl der Todesopfer des Hurrikans “Sandy“ weiter gestiegen. Bis Donnerstag wurden nach offiziellen Angaben 98 Leichen geborgen, darunter 40 in New York. Allein im Stadtteil Staten Island, der am Montag von einer Flutwelle überrollt worden war, kamen 20 Menschen ums Leben. Heimatschutzministerin Janet Napolitano wollte Staten Island am Freitag besuchen. Dort sind Klagen von Einwohnern laut geworden, der gegenüber Manhattan liegende Bezirk sei von der Politik vergessen worden. Bilder aufgebrachter Bürger könnten kurz vor den Wahlen am Dienstag die Pläne der Politiker durchkreuzen.

In den weiterhin von der Stromversorgung abgeschnittenen Vierteln New Yorks wurde zudem eine fehlende Polizeipräsenz kritisiert. Einwohner äußerten sich besorgt über die Sicherheit auf den Straßen und in den U-Bahnen. Auf den Straßen Manhattans patrouillierten Mitglieder der Guardian Angels, einer Freiwilligentruppe, die sich den Kampf gegen die Kriminalität zum Ziel gesetzt hat. Nationalgardisten und Freiwillige begannen mit der Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige.

Bei vielen New Yorkern liegen die Nerven blank. An den Brücken nach Manhattan bildeten sich kilometerlange Staus, an Haltestellen warteten riesige Menschenmengen ungeduldig auf Busse in die Innenstadt und an Tankstellen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen um das vielerorts immer noch knappe Benzin. Nach Tagen ohne Strom, fließendes Wasser und Heizung verließen viele Bewohner die Stadt. Die U-Bahn rollte zwar am Donnerstag nach dreitägiger Schließung im Großteil der Stadt wieder an, allerdings nicht in den Süden Manhattans und nach Brooklyn, wo die Tunnel überflutet waren. Vor einer Arena in Brooklyn standen teilweise bis zu 1.000 Menschen und warteten auf einen Bus, an einer Tankstelle in Coney Island warteten mehr als 100 Wagen auf eine Tankfüllung. Immer wieder kam es zu Streit und Handgreiflichkeiten. An Brücken nach Manhattan kontrollierten Polizisten, ob auch tatsächlich jeder Wagen wie angeordnet mindestens drei Insassen hatte. Die Kontrolle, die eigentlich Staus verhinderten sollte, führte zu kilometerlangen Schlangen. Einige der Autofahrer stiegen aus und beschimpften die Polizisten.

Polizisten und Feuerwehrleute seien noch immer dabei, in den besonders betroffenen Gebieten von Haus zu Haus und von Tür zu Tür zu gehen, um nach Hilfsbedürftigen oder möglichen Opfern zu suchen, sagte Bloomberg. Etwa 650.000 Bewohner der Metropole waren weiterhin ohne Strom. Der Gouverneur des Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, berichtete, rund eine Million Mahlzeiten sollten in der Stadt verteilt werden. Das Rote Kreuz stellte zwölf Feldküchen bereit, die 200.000 warme Mahlzeiten pro Tag servieren können.

Das US Transportation Command, das normalerweise für Truppentransporte und die Versorgung von Kampftruppen zuständig ist, schickte 55 Lastwagen mit 1,5 Millionen Mahlzeiten nach New York. 1,3 Millionen zusätzliche Rationen stünden für den Bedarfsfall bereit, hieß es.

Transportflugzeuge der Armee brachten nach Behördenangaben dutzende schwerer Reparaturlastwagen und ein ziviles Spezialistenteam von Kalifornien auf einen Stützpunkt in der Nähe der Ostküstenmetropole. Der Stromanbieter Con Edison warnte, in einigen Stadtvierteln von New York werde die Stromversorgung erst am 11. November wiederhergestellt sein. Der Süden von Manhattan soll bis Samstag wieder am Netz sein.

Das UN-Hauptquartier in New York öffnete am Donnerstag erstmals nach drei Tagen wieder seine Pforten. An dem Gebäude gebe es „noch nie dagewesene Schäden“, erklärte ein UN-Vertreter. So habe der Sturm ein Feuer und eine schwere Überschwemmung der Kellerräume ausgelöst.

Im benachbarten Bundesstaat New Jersey entwickelte sich die Suche nach Benzin für die Bewohner zum Albtraum. Vor den wenigen geöffneten Tankstellen bildeten sich lange Schlangen von Autos sowie von Fußgängern, die Treibstoff für ihre Generatoren holen wollten. In dem Bundestaat mit seinen 1,8 Millionen Einwohnern ist noch fast ein Viertel der Menschen ohne Strom. Am Donnerstag waren viele Bewohner New Jerseys erstmals in ihre Viertel zurückgelassen worden, seit „Sandy“ die Küste verwüstetet hatte. Einige fanden nur kleine Schäden vor, andere standen vor dem Nichts. Der Zugang nach Atlantic City, in deren Nähe der Hurrikan am Montagabend auf Land getroffen war, blieb gesperrt.

Die US-Küstenwache stellte derweil die Suche nach dem vermissten Kapitän des gesunkenen legendären Dreimasters „HMS Bounty“ ein. Das für den Film „Meuterei auf der Bounty“ mit Marlon Brando gebaute Schiff war am Montag während des Wirbelsturms „Sandy“ in schwerer See vor der US-Ostküste gesunken. 14 Besatzungsmitglieder wurden gerettet, eine Frau wurde bewusstlos aus dem Wasser gezogen und starb wenig später im Krankenhaus.

US-Präsident Barack Obama nahm nach dreitägiger Pause wegen der Naturkatastrophe wieder den Wahlkampf auf. In einer Rede in Green Bay im Bundesstaat Wisconsin lobte er seine Landsleute dafür, angesichts der Sturmkatastrophe zusammengerückt zu sein. Für sein Krisenmanagement nach „Sandy“ erhielt der Präsident in einer Umfrage gute Noten. Unerwartete Wahlkampfhilfe erhielt Obama von New Yorks Bürgermeister Bloomberg, der früher der republikanischen Partei von Herausforderer Mitt Romney angehört hatte. Bloomberg empfahl Obama zur Wahl und begründete dies vor allem mit dessen Einsatz gegen den Klimawandel. (dapd/AFP/rtr)

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