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Der Fotograf und ehemalige KZ-Häftling Wilhelm Brasse starb im Alter von 95 Jahren.

© dpa

„Fotograf von Auschwitz“: Ältester überlebender Auschwitz-Häftling gestorben

Die Zahl der Überlebenden des Nazi-Terrors schrumpft jeden Tag. Nun ist mit Antoni Dobrowolski der älteste überlebende Auschwitz-Häftling in Polen gestorben. Auch der einstige Lager-Fotograf Wilhelm Brasse verstarb am Dienstag.

Antoni Dobrowolski, einst Auschwitz-Häftling mit der Lagernummer 38081, ist tot. Der frühere Widerstandskämpfer sei im Alter von 108 Jahren bereits am Sonntag in seinem Wohnort Debno in Westpommern gestorben, berichteten polnische Medien am Dienstag. Ebenfalls am Dienstag gab die Gedenkstätte Auschwitz den Tod von Wilhelm Brasse bekannt. Brasse, der seit August 1940 Häftling in Auschwitz war, war als „Fotograf von Auschwitz“ bekannt geworden.

Das Leben des verstorbenen Dobrowolski war geprägt von Widerstand. Der ehemalige Grundschullehrer hatte sich nach dem deutschen Überfall auf Polen der Geheimen Lehrerorganisation angeschlossen. Diese organisierte im Untergrund das Schulwesen. Die Organisation Tajna Organizacja Nauczycielska stand der Londoner Exilregierung nahe und war während des Stalinismus als „bürgerlich“ verpönt.

Im Juni 1942 von der Gestapo verhaftet, kam Dobrowolski mit einem Häftlingstransport nach Auschwitz. Das sogenannte Stammlager war zunächst ein Konzentrationslager mit vor allem politischen polnischen Häftlingen, doch im nahe gelegenen Birkenau hatte bereits der Massenmord an jüdischen Häftlingen begonnen. Insgesamt wurden in Auschwitz-Birkenau mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet.

Dobrowolksi wurde später nach Groß-Rosen verlegt und erlebte die Befreiung durch sowjetische Truppen im Konzentrationslager Sachsenhausen. Nach dem Krieg arbeitete er in Polen wieder als Lehrer.

Das geheime Schulwesen Polens war eine in ganz Europa einzigartige Form des Widerstands. Die Nationalsozialisten hatten alle höheren Schulen und Universitäten geschlossen; in einigen der von Deutschland besetzten Gebiete war selbst der Grundschulunterricht schweren Beschränkungen ausgesetzt. Die Polen sollten nach den Plänen der Nationalsozialisten ein Volk von Arbeitssklaven werden.

In Privatwohnungen organisierten Lehrer wie Dobrowolski und Schüler insgeheim Unterricht vor allem für Gymnasialklassen und Studenten. Einer der vielen tausend jungen Polen, die im Untergrund lernten, war Karol Wojtyla, der spätere Papst Johannes Paul II.

Wilhelm Brasse, der am Dienstag im Alter von 95 Jahren verstarb, war Ende August 1940 nach Auschwitz deportierte worden. Er hatte beim so genannten Erkennungsdienst des Lagers gearbeitet und insgesamt mehr als 50 000 Aufnahmen von den im Lager registrierten Häftlingen gemacht. Auch bei den medizinischen Experimenten des berüchtigten Arztes Josef Mengele musste Brasse die Menschenversuche mit der Kamera dokumentieren. (dpa)

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