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Zielgruppe sind die Jungen.

© picture alliance / dpa

Fragwürdige Methoden: ADAC – der Trick mit den Kindern

Das Anwerben von minderjährigen Mitgliedern unter einem Vorwand hat beim Automobilclub System. Nach Jahren sollen sie zahlen. Die Provisionen der Werber verschweigt der Club.

Die Fälle, in denen Kindern kostenpflichtige Mitgliedschaften des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) untergeschoben wurden, mehren sich. Nach einem ersten Bericht des Tagesspiegels, dass Werber in den Jahren 2004 und 2006 einen zehnjährigen Jungen und ein 13-jähriges Mädchen ADAC-Mitgliedsverträge unterschreiben ließen, für die sie ab ihrem 19. Lebensjahr zahlen sollten, meldeten sich weitere Betroffene: Im September 2011 brachten Werbepartner des ADAC auf der Berliner Jugendmesse YOU zwei 14-jährige Jungen dazu, eine Mitgliedschaft zu unterschreiben. Hinzu kommen zwei weitere Fälle aus dem vergangenen Jahr. Die Kinder wussten nicht, dass es sich um einen später kostenpflichtigen Mitgliedsvertrag handelte. Auch die 10- und 13-jährigen Kinder hatten das nicht gewusst, sondern geglaubt, bei einem Preisausschreiben mitzumachen. Stattdessen unterschrieben sie sogenannte „Starter-Mitgliedschaften“. Diese sind zunächst kostenlos, doch sobald die Unterzeichner 19 Jahre alt werden, müssen sie 19 Euro jährlich an den ADAC zahlen. Die Starter-Mitgliedschaften richten sich ausdrücklich an Minderjährige und sind „nach unten nicht altersbeschränkt“, wie der ADAC im Internet zugibt. Die Werbung von Minderjährigen gehört also zum ADAC-Geschäftsmodell.

Der Antrag, den einer der 14-Jährigen letztes Jahr unterschrieb, liegt dem Tagesspiegel vor. Dass die Mitgliedschaft ab dem 19. Lebensjahr Geld kostet, geht aus ihm nicht hervor. „Ja, ich bin unter 18 Jahre und möchte ADAC-starter-Mitglied werden, völlig beitragsfrei.“ So steht es groß auf dem Formular, der Junge hat das Kästchen daneben angekreuzt. Erst im Kleingedruckten weist der ADAC darauf hin, dass der Unterzeichner ab dem 18. Lebensjahr automatisch in den Folgetarif „young driver in Ausbildung“ überführt wird. Diese Mitgliedschaft gebe es ebenfalls „im ersten Jahr zum Nulltarif“, schreibt der ADAC weiter. Was er aber nicht schreibt, ist, dass dann ab dem zweiten Jahr Kosten von 19 Euro jährlich anfallen. Dieser Hinweis findet sich nirgendwo auf dem Formular, auch nicht in den Bestimmungen auf der Rückseite. Das gleiche Bild zeigt sich im Internet. Auf der ADAC-Seite bewirbt der Automobilclub die Mitgliedschaft für Minderjährige. Auch hier heißt es, sie sei bis einschließlich 18. Lebensjahr kostenlos. Der Hinweis auf die späteren Gebühren fehlt auch dort.

Eine Zustimmung der Eltern zu den Mitgliedschaften wird trotz der späteren Kosten nicht verlangt. Der ADAC teilt mit, die Einwilligung der Eltern sei nicht notwendig. Schließlich würden „Jugendliche von der beitragsfreien Mitgliedschaft ausschließlich profitieren“ und müssten „keinerlei Gegenleistung erbringen“. Verbraucherschützer sind da anderer Meinung. „Ohne ihr Zutun sollen die Kinder später ab dem 19. Lebensjahr zahlen. Natürlich ist das eine Gegenleistung“, sagt Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Weiter teilt der ADAC mit, den Kindern werde nach der Unterzeichnung ein „Elternbrief mit allen wesentlichen Informationen“ mitgegeben. Die Eltern der Kinder, die sich beim Tagesspiegel meldeten, haben einen solchen aber nie erhalten.

Erst zehn Wochen bevor die Betroffenen 19 Jahre alt werden, informiert der ADAC die jungen Mitglieder über die kostenpflichtige Mitgliedschaft und weist auf eine Kündigungsmöglichkeit hin. Die Betroffenen hielten ein solches Schreiben aber meist für Werbung oder einen Irrtum. Denn an die Vertragsunterschrift, die sie vor Jahren als Kind geleistet hatten, erinnerten sie sich nicht, schließlich glaubten sie damals, es sei ein Gewinnspiel. „Es ist nicht verständlich, warum man die Eltern nicht direkt über spätere Kosten informiert, nachdem ihre Kinder Mitglied geworden sind“, kritisiert Verbraucherschützerin Fischer-Volk. Fast alle Kinder, deren Eltern sich beim Tagesspiegel melden, unterschrieben den Mitgliedsantrag auf der Berliner Jugendmesse YOU. Mit der Werbung dort war eine externe Partnerfirma des ADAC beauftragt. Um welche Firma es sich handelt, will der ADAC nicht sagen. Dies sei eine „interne Angelegenheit“. Wie hoch die Provision ist, die Werber für vermittelte Mitgliedschaften bekommen, will der Club ebenfalls nicht preisgeben – „interne Angelegenheit“.

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