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Freispruch: Arbeiter saß 18 Monate unschuldig in Haft

Ein Mann aus Vienenburg in Niedersachsen hat höchstwahrscheinlich mehr als 18 Monate wegen sexuellen Missbrauchs unschuldig im Gefängnis gesessen. Der 48-Jährige hat seine missliche Lage allerdings selbst verschuldet.

Das Landgericht Göttingen sprach den Arbeiter am Freitag in einem Wiederholungsprozess vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs eines zweijährigen Jungen frei. Das Gericht folgte den gleichlautenden Anträgen von Staatsanwalt und Verteidiger. Nachdem der Mann Ende April 2007 wegen des Missbrauchsverdachts in Untersuchungshaft gekommen war, hatte das Landgericht Braunschweig ihn zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung nach Göttingen verwiesen.

Dass er so lange in Untersuchungshaft saß, habe der Mann selbst zu verantworten, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Der 48-Jährige hatte zunächst bei der Polizei gestanden, den Sohn von Bekannten misshandelt zu haben. Deswegen stehe ihm für die erlittene Haft keine Entschädigung zu. Obwohl der Arbeiter bald widerrief, hatte sich das Landgericht Braunschweig in seinem Urteil auf dieses Geständnis gestützt. Die Göttinger Richter kamen nach der Befragung von Zeugen und Sachverständigen zu dem Schluss, dass dieses Geständnis nicht plausibel sei. Nicht der Angeklagte, sondern der Stiefvater des Kindes, der den Zweijährigen schon öfter misshandelt hatte, komme als Täter infrage.

Ermittlungen gegen Stiefvater?

Der damals 25-Jährige Stiefvater hatte den Jungen im April 2007 bei dem mit ihm befreundeten Arbeiter kurz zurückgelassen, weil er Zigaretten holen und Geld wechseln wollte. Die Anklage war davon ausgegangen, dass der 48-Jährige das Kind in der Zeit sexuell missbraucht und geschlagen hat. Objektive Spuren und das Gutachten eines Sachverständigen, dass ein solches Vorgehen zu dem Vienenburger nicht passe, sprächen jedoch gegen die Täterschaft, sagte der Vorsitzende Richter. Die Staatsanwaltschaft prüft jetzt, ob sie gegen den Stiefvater ein Ermittlungsverfahren einleitet. (küs/dpa)

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