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Panorama: Frühling fürs Gefühl

Menschen spüren Jahreszeiten mehr, als ihnen bewusst ist: Nach dem „Winterschlaf“ werden wir aktiv

Psychologen beobachten, dass sich das Erleben und Verhalten von Menschen in den Jahreszeiten widerspiegelt. Frühlingsgefühle sind dafür das bekannteste Beispiel. „Die Menschen sind viel jahreszeitenfühliger, als ihnen bewusst ist“, sagt die Kölner Psychologin und Psychotherapeutin Gerhild von Müller. Während die erwachende Natur im Frühling dem Wunsch nach Aktivität entspreche, trauten sich viele Menschen nicht, im Herbst und Winter ihre „Höhlenzeit“ zu nehmen. „Die Menschen sind beruhigt, wenn ich ihnen sage, dass es in Ordnung ist, sich im Winter mal zurückzuziehen“, sagt von Müller – immer aktiv sein, das gehe nicht. Ein weiterer Beleg für die Jahreszeitenabhängigkeit sei, dass Psychotherapien häufig in der dunklen Saison beginnen.

Im Frühjahr ist die Jahreszeitfühligkeit am deutlichsten, das gilt auch für Männer und Frauen in Therapie: „Die Menschen kommen ganz anders durch die Tür“, sagt von Müller. Grundsätzlich werde im Frühling eher gelächelt, geflirtet und von gutem Sex in schöner Umgebung geträumt. „Kulturell ist der Frühling sehr positiv besetzt – er schließt sich einer langen Durststrecke an.“ Der Berliner Biopsychologe Peter Walschburger beschreibt, dass ein depressiv verstimmter Mensch im Frühling besonders schmerzhaft erlebt, wie sein Vitalgefühl gestört ist. „Gerade wenn man niedergeschlagen ist, sollte man rausgehen“, empfiehlt er: „Es gibt eine Fülle interessanter Reize im Frühling. Das bewusst zu genießen, ist fantastisch.“ Um sich fröhlich und beschwingt zu fühlen, müsse man die veränderten Farben, das verlängerte Tageslicht und das sprießende Grün aktiv wahrnehmen, sagt der Forscher der Freien Universität Berlin. Das Schlafbedürfnis sinke, Vitalfunktionen würden umgestellt, die Empfänglichkeit für erotische Reize nehme zu. Für den Dichter Emanuel Geibel (18151884) war der Frühlingsanfang „die schöne Jahreszeit, in der der Winterschlaf aufhört und die Frühjahrsmüdigkeit beginnt“.

Fast ganz Deutschland kann das jetzt genießen: „Das sonnige Wetter kommt pünktlich zum astronomischen Frühlingsbeginn, der am Sonntag um 13.33 Uhr ist“, sagt Caroline Draxl vom Wetterdienst Meteomedia. Zu diesem Zeitpunkt überquert die Sonne auf ihrer scheinbaren Jahresbahn aus südlicher Richtung kommend den Himmelsäquator. Tag und Nacht sind jetzt genau gleich lang. Am Sonntag werden die meisten Deutschen schon von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Im Norden und Osten ist es allerdings morgens noch frostig. Bis zur Wochenmitte steigen die Temperaturen weiter, im Osten kommen sie nach kalten Nächten etwas langsamer in Schwung. Die Temperaturen liegen zwischen 0 Grad auf Rügen und 20 Grad am Oberrhein. Die Nächte werden sternenklar, die Tage sonnig: Zeit für gute Gefühle. dpa

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