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Der Helfer Jean Zacharie hat 2010 in Haiti ein Baby aus den Trümmern geborgen. Die Mutter starb bei dem Beben. Foto: Talia Frenkel/AFP

© AFP

Panorama: Für alle überall

Ein Schweizer Kaufmann ahnte nicht, dass aus seiner Initiative einmal die größte Hilfsorganisation der Welt entstehen würde.

Aus der Luft wird man ein riesiges rotes Kreuz sehen, zu dem sich am heutigen Sonntag 1500 aus allen Himmelsrichtungen kommende Ehrenamtliche auf dem Pariser Platz zusammen aufstellen wollen. Das Jubiläumsereignis als Auftakt der Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag ist symbolhaft für das Wesen des DRK: Es ist sehr groß, und doch, man muss genauer und aus vielen Perspektiven hingucken, um das Kaleidoskop der Hilfe zu erkennen. Alles fing an mit Soldatenhilfsinitiativen auf Kriegsschlachtfeldern wie in Stalingrad. Später wurden vorm Zusammenbruch der DDR Ostflüchtlinge betreut, dann Fans bei der Love-Parade und der Fußball-WM 2006 versorgt, nach Naturkatastrophen unzählige Leben gerettet.

Dass das Internationale Rote Kreuz einmal die größte Hilfsorganisation der Welt werden sollte, konnte der Schweizer Kaufmann Henry Dunant nicht ahnen, als er 1862 während einer Geschäftsreise zufällig auf das Schlachtfeld von Solferino trifft und Freiwillige aus der Gegend dazu bewegt, die Verwundeten zu versorgen. Der Begründer der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung wird später der erste Friedensnobelpreisträger der Geschichte. 1863 gründet Dunant mit vier Genfer Bürgern das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und lädt die Staatsoberhäupter Europas ein. In der 1. Genfer Konferenz werden die ersten Regeln für den Krieg und damit das Humanitäre Völkerrecht entworfen, kurz darauf gründen sich die ersten Rotkreuzvereine.

Heute zählt allein das Deutsche Rote Kreuz 3,5 Millionen Mitglieder und 400 000 Ehrenamtliche. Hauptamtlich arbeiten 140 000 Menschen beim DRK. Weltweit gibt es mehr als 180 nationale Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. So hat das DRK in akuten Katastrophenfällen wie bei dem Erdbeben in Haiti oder nach dem Tsunami in fast allen Ländern lokale Experten als Ansprechpartner. Und schickt dann schnell Hilfe und Helfer: In Berlin-Schönefeld lagert in dem großen Logistikzentrum rechterhand des SXF-Hauptterminals auch ein komplettes Krankenhaus, das nach Angaben von Pressesprecher Dieter Schütz innerhalb von 36 bis 72 Stunden in ein Katastrophengebiet ausgeflogen werden kann. Die DRK-Auslandshilfe unterstützt Projekte in mehr als 45 Ländern und hilft beispielsweise auch syrischen Flüchtlingen. In jüngerer Vergangenheit gehörten etwa das Jahrhunderthochwasser an der Elbe, die Atomkatastrophe in Tschernobyl und die Bergwerkskatastrophe in Lengede 1963 zu den bekanntesten Großeinsätzen. In Deutschland deckt das DRK 60 Prozent der Rettungseinsätze und Krankentransporte ab. Die DRK-Blutspendedienste können auf 1,8 Millionen Spenderinnen sowie Spender zurückgreifen und stemmt somit bei der Blutversorgung 75 Prozent des Bedarfs in Deutschland. Das DRK betreibt 500 Altenheime und ebenso viele ambulante Pflegedienste, unterhält Hausnotruf-Zentralen, 1300 Kindertageseinrichtungen sowie fast 50 Kliniken. Dazu kommen die 700 Altkleiderkammern, Wärmebus-Teams betreuen auch in Berlin Obdachlose. „Im Prinzip bietet das DRK fast alles an, um Menschen in Not zu helfen. Im Vordergrund steht die ehrenamtliche Arbeit“, sagt Schütz.

Um neue Unterstützer auch bei den Migranten zu gewinnen, wird die Arbeit des Deutschen Jugendrotkreuzes (JRK) zunehmend wichtig. Hier engagieren sich 112 000 junge Menschen für Gesundheit, Umwelt, Frieden und internationale Verständigung, sind als Schulsanitäter oder Streitschlichter aktiv, helfen im Ausland.

Herausforderungen der Zukunft sind die zunehmende Zahl der betreuungsbedürftigen alten Menschen in Deutschland – und die humanitären Hilfseinsätze infolge der globalen Erwärmung. Das DRK ist heute größter Anbieter von Freiwilligendiensten, mit 11 000 Stellen beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und 2500 beim Bundesfreiwilligendienst. Dass es auch beim FSJ mehr Bewerber als Stellen gebe, zeige, dass Engagement gerade bei jungen Menschen begehrt sei.

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