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Panorama: Für den März wurde Frühling angekündigt - das war aber ein Missverständnis

"Ich kann das nicht länger hören", wettert die Anruferin. Meteorologen, vor allem Fernsehmeteorologen, haben es seit einigen Wochen schwer.

Von Andreas Oswald

"Ich kann das nicht länger hören", wettert die Anruferin. Meteorologen, vor allem Fernsehmeteorologen, haben es seit einigen Wochen schwer. Tag für Tag kündigen sie mildes Nieselwetter an. Meteorologe Thomas Globig von Kachelmanns Wetterfima Meteomedia/Meteofax bekommt zunehmend Volkes Stimme zu hören.

Es kommt noch dicker. Kaum drang die frohe Kunde durch, in Süddeutschland seien Vorboten frühlingshaften Wetters zu erwarten, kündigen die Wetterkundler für die kommenden Tage Graupel, Schneeregen und Schnee an. Auch erheblich kühler soll es werden.

Wer ist schuld, wenn sich die Leute wieder über das Wetter ärgern? Das Hoch "Ivo", das feuchte Luft zu uns schaufelt? Es gibt auch eine Person, einen Meteorologen, der vor einigen Wochen falsche Erwartungen weckte. Rainer Dettmann, Experte für langfristige Vorhersagen an der Freien Universität, kündigte vor einem Monat im Tagesspiegel und anderen Medien einen warmen, frühlingshaften März an. Von 20 Grad am Ende des Monats, vielleicht gar 25 Grad, war da die Rede.

Globig ist wegen dieser Prognose nicht gut auf Dettmann zu sprechen. "Der hat schönes Wetter versprochen, und wir müssen jetzt jeden Tag Nieselregen ankündigen und bekommen den Ärger der Leute ab."

Selbst Leute, die normalerweise in höheren philosophischen Sphären schweben, reden inzwischen über das Wetter. "Zuerst wurde Frühling angekündigt, und jetzt erleben wir den kältesten und verregnetsten März seit Menschengedenken", wetterte gestern ein bekannter Theaterkritiker in der Redaktionskonferenz des Tagesspiegels.

Wenn jetzt auch noch die in noch höheren Sphären schwebenden Hacker anfangen, sich über das Wetter aufzuregen, greifen sie möglicherweise demnächst die Computer der Meteorologen an. Da können die Meteorologen wahrscheinlich froh sein, dass Hacker meistens nur nachts wach sind und das Wetter gar nicht mitbekommen.

Besonders bitter ist derzeit, dass es ausgerechnet zur Monatsmitte, wo sich laut Dettmann der Frühling endgültig durchsetzen sollte, besonders kalt werden wird. Was sagt Dettmann zu seiner Rechtfertigung?

Er sagt, dass er recht hat.

Er hat es tatsächlich. Die Langfristprognose der FU bezieht sich auf die Temperatur. Die Temperatur liegt in diesem Monat bislang 2,6 Grad über dem langjährigen März-Mittelwert und damit sogar noch höher, als Dettmann ankündigte. Und weil es jetzt kälter wird, liegt Dettmann am Ende wahrscheinlich sogar völlig richtig.

Ist es im März verhältnismäßig warm, scheint in der Regel auch die Sonne.

Nur diesmal halt nicht. Stattdessen regnet es überdurchschnittlich viel. Bereits heute, vor der Monatsmitte, ist die durchschnittliche Niederschlagsmenge für den ganzen März erreicht. Und die Niederschläge werden auch in den kommenden Tagen nicht zu knapp ausfallen. Schönes Wetter ist weit und breit nicht in Sicht.

Ist alles nur ein psychologisches Problem? "Fünf Grad mit strahlender Sonne werden als schönes Wetter wahrgenommen, zehn Grad mit Nieselregen als schlechtes", sagt Dettmann. "Letzteres ist genau das, was wir am (heutigen) Dienstag haben werden", sagt Globig, "und ich darf diese Botschaft verkünden".

Globig ist eigentlich ein Optimist. Er freut sich immer, wenn er die Menschen mit schönen Vorhersagen beglücken kann. Derzeit zwingt ihn die Realität, eine bittere Wahrheit zu verkünden. Aber Globig kann auch schlechten Nachrichten noch etwas Positives abgewinnen. "Wenn es noch länger schlecht bleibt, steigen die Aussichten auf einen Super-Sommer", sagt er unter Bezugnahme auf die Siebenschläferregel. Wenn sich der Sommer zu früh verausgabt, ist der größte Teil der schönen Jahreszeit erfahrungsgemäß später überwiegend kühl und verregnet.

Aber bis der Sommer kommt, dauert es noch eine Weile. Außerdem gibt es immer Pessimisten, die auch einem heißen Sommer etwas Negatives abgewinnen können. Sonne plus 28 Grad ist schöner als Sonne plus 38 Grad.

Warten wir erst einmal auf 18 Grad.Weiteres zu diesem Thema im Internet

www.meteomedia.ch

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