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Panorama: Geiselnahme von Frankenthal: Die Bewacher überlistet

Einen Tag nach dem Geiseldrama im pfälzischen Frankenthal sitzen der geflohene Untersuchungshäftling und seine Freundin hinter Gittern. Gegen die Komplizin des 36 Jahre alten Untersuchungshäftlings wurde Haftbefehl erlassen.

Einen Tag nach dem Geiseldrama im pfälzischen Frankenthal sitzen der geflohene Untersuchungshäftling und seine Freundin hinter Gittern. Gegen die Komplizin des 36 Jahre alten Untersuchungshäftlings wurde Haftbefehl erlassen. Der 36-Jährige Geiselnehmer und die 20-Jährige waren ein Gaunerpaar: Gegen die Frau bestand schon früher Haftbefehl - wegen gemeinsamer Raubüberfälle mit dem 36-Jährigen. Dieser Haftbefehl wurde aber außer Vollzug gesetzt.

Die 20-Jährige hatte gestanden, eine Schreckschusswaffe in der Toilette einer Arztpraxis deponiert zu haben, in der der Häftling am Freitag wegen einer selbst zugefügten Verletzung untersucht werden sollte. Weil Häftlinge der Frankenthaler Justizvollzugsanstalt offenbar immer in derselben Arzt-Praxis behandelt werden, konnte die Flucht leicht geplant werden. Mit Hilfe der Waffe gelang dem 36-Jährigen die Flucht, die zu einem zwölfstündigen Geiseldrama führte. Zum Schluss ergab sich der Täter, seine Geiseln - eine 35 Jahre alte Frau und ihre einjährige Tochter - blieben unverletzt.

Als der 36-Jährige die Toilette in der Arztpraxis aufsuchte, nahm er die Waffe und hielt sie einer 20 Jahre alten Arzthelferin an die Schläfe. Dann erzwang er die Lösung seiner Fußfesseln, nahm einem der Beamten dessen Waffe ab und flüchtete. Danach nahm er die Frau und das Kind in einer Wohnung als Geiseln und hielt sich rund zwölf Stunden verschanzt.

Nach intensiven Verhandlungen ließ er erst das einjährige Kind frei und ergab sich später. Die verbliebene Geisel konnte unversehrt in Sicherheit gebracht werden. Laut Staatsanwaltschaft war zwar die Flucht, nicht aber die Geiselnahme geplant. Bei den Gesprächen mit der Polizei habe der Mann nicht unbeherrscht gewirkt. Die Frau sei nicht misshandelt worden.

Der 36-Jährige saß seit August in Untersuchungshaft. Ihm werden Überfälle auf eine Sparkasse, einen Supermarkt und eine Tankstelle vorgeworfen. Wegen anderer Raubüberfälle war er 1993 bereits zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Seine Freundin soll an einigen der jüngsten Fälle beteiligt gewesen sein. Dieser Haftbefehl gegen sie wurde jedoch ausgesetzt, weil keine Flucht- oder Verdunklungsgefahr befürchtet wurde.

Die 20-Jährige ging laut Staatsanwaltschaft Freitagmorgen in die Arztpraxis und versteckte dort die Schreckschusspistole in einem Putzlappen hinter der Toilettenschüssel. Als der Häftling später zur Untersuchung seiner Kopfwunde in die Praxis gebracht wurde, verlangte er Zugang zur Toilette, weil er sich erbrechen müsse.

Einer seiner beiden bewaffneten Bewacher kontrollierte den Toilettenraum. Die versteckte Waffe übersah er. Während sich der Gefangene erbrach, versperrte er mit seinem Körper dem hinter ihm stehenden Beamten die Sicht und konnte so die versteckte Waffe an sich bringen.

Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) machte den beiden Bewachern des entkommenen Untersuchungshäftlings keine Vorwürfe. Allerdings müssten die Ereignisse noch weiter untersucht werden.

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