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Panorama: Genie mit schwarzem Gürtel

Sho Yano ist zwölf und lebt in Chicago. Er kann Taek Wan Do, hat Biologie studiert – und beginnt jetzt mit Medizin

Einer der frisch gebackenen Medizinstudenten reicht mit den Füßen nicht auf den Boden. Es ist keine Behinderung, bloß hoch begabt ist Sho Yano – und erst zwölf, wenn er im Juni das Studium an der Universität von Chicago aufnimmt. Das College hat er schon abgeschlossen, Biologie und Chemie. Damit ist er ein Fall für die Medien, denn zwölf ist ein Alter, in dem man zum Universitätspsychologen muss, bevor man zum Medizinstudium zugelassen wird. Ein Alter, in dem der Mutter die Gier nach einem Weltrekord unterstellt wird. In dem die Kommilitonen einen nicht ernst nehmen. Ja, und wo bleibt denn da die Kindheit?

Der Psychologe der Universität von Chicago stellte also Sho Yano Fragen wie: Was würden Sie einer schwerkranken jungen Mutter sagen, die gerade Zwillinge geboren hat? Der Zwölfjährige reagierte mit Empathie für die Mutter. Und wurde zugelassen.

Der Sohn einer Koreanerin und eines Japaners hat noch nie Nintendo gespielt und keine Poster von Britney Spears an der Wand. Psychologen bewerten das gerne als sozial fragwürdig. Die „Chicago Tribune“ wundert sich. Der Verband der Amerikanischen Medizincolleges lässt verlauten, dass weniger als ein Prozent ihrer Studenten unter 18 Jahre alt sind. Dabei tut Sho durchaus noch anderes, als den ganzen Tag zu lernen: Er hat einen schwarzen Gürtel in Taek Wan Do und spielt zur Entspannung Mozart am Klavier.

Hoch begabte Kinder wie er scheinen niemals lasterhaft und meistens extrem loyal ihren Eltern gegenüber. Sie sagen, sie haben alles selbst so gewollt. Die Eltern, überfordert mit der geistigen Fütterung, kämpfen gegen Lehrer, die den Standpunkt vertreten, ein gewisses Alter müsse man schon erreicht haben, um eine Universität besuchen zu können. Die berühmten Universitäten wie Harvard, Princeton oder Berkeley nehmen so junge Studenten erst gar nicht an. Deshalb lernten die Hochbegabten dann nicht von den besten Lehrern und hätten im Rekordalter meist Abschlüsse von Universitäten im mittleren Westen vorzuweisen, bedauert Ellen Winner, Professorin der Psychologie, die ein Buch über hoch begabte Kinder geschrieben hat. Und Sho Yano ist nicht der einzige Rekordhalter auf der Spielwiese des geistigen Potentials.

Jüngster Doktor der Vereinigten Staaten wurde laut Guiness Buch der Rekorde 1995 ein 17-Jähriger: Balamurali Ambati. Erst eine Woche zuvor hatte er den Führerschein erhalten. Die Legende erzählt, dass er schon mit vier Jahren wusste, dass er Arzt werden wollte – als er sich nämlich einen Topf voll kochenden Wassers über goss und einige Monate mit Verbrühungen im Krankenhaus zubringen musste.

Bei Michael Kearny begann alles noch eher: Er war eine Frühgeburt, und seitdem kam er eigentlich für alles zu früh. Das Guiness Buch der Rekorde verzeichnet ihn als den Jüngsten mit einem Universitätsabschluss, zwei weitere Rekorde folgten.

„Die härteste Arbeit ist, Freunde zu finden,“ sagt Kearny, der sich nach seinem College-Abschluss erst einmal Zeit nahm, um eine Weile normaler amerikanischer Teenager zu spielen. Da hat er hauptsächlich Gewichte gestemmt. Heute lehrt er an der Vanderbilt Universität in Tennessee und ist bekannt dafür, in seinen Stunden am Pult Witze zu reißen. Tatsächlich vermisst der junge Lehrer, im Mittelpunkt zu stehen – intelligent ist er zwar immer noch, doch die Zeit der Rekorde verging mit der Jugend.

Einen praktischen Tipp für all jene, die körperlich zu kurz sind, um an die Universität zu gehen, verriet Kearny dem Sender ABC: „Bemüht euch um große Freunde, besonders in den Laborklassen. Dann lasst sie die gefährlichen Chemikalien auf den hohen Tischen mixen.“

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