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Bakterium

© AFP

Gentechnik: Forscher erschaffen erstmals komplettes Erbgut

US-Forschern ist nach eigenen Angaben ein Durchbruch in Richtung der Schaffung künstlichen Lebens gelungen: Sie wollen erstmals das synthetische Genom eines Bakteriums nachgebaut haben. Es wäre die größte DNA-Struktur, die jemals von Menschen hergestellt wurde.

Aus chemisch hergestellten Erbgut-Bausteinen haben Wissenschaftler um den US-Genforscher Craig Venter das komplette Erbgut eines Bakteriums nachgebaut. Das künstliche Genom sei erheblich größer als zuvor zusammengebaute DNA-Abschnitte, berichtet das Wissenschaftler-Team im Fachblatt "Science".

Das eigentliche Ziel ist die Schaffung eines künstlichen Organismus, sagte der maßgebliche Autor der Studie, Dan Gibson. Dieser könnte dann für den Abbau von Giften und klimaschädlichem Kohlendioxid eingesetzt werden.

Vorletzte Etappe auf dem Weg zum künstlichen Leben

"Das ist ein begeisternder Fortschritt für unsere Wissenschaftler und unsere Disziplin", sagte Gibson. Mit der Herstellung eines Bakteriumgenoms sei die vorletzte Etappe auf dem Weg zur Schaffung künstlichen Lebens erreicht. "Gleichwohl arbeiten wir weiter auf das letztendliche Ziel hin, ein synthetisches Chromosom in eine Zelle einzusetzen und so die Schaffung des ersten künstlichen Organismus in Gang zu setzen", betonte Gibson in "Science". Die erste der drei Etappen auf dem Weg zu künstlichem Leben war dem Bericht zufolge erst im vergangenen Jahr erreicht worden, als das Einsetzen eines Genoms von einem Bakterium in ein anderes gelungen war.

Künstlich geschaffene Bakterien könnten für wichtige Aufgaben wie die Herstellung von Bio-Treibstoff eingesetzt werden, führte der ebenfalls an der Studie beteiligte Wissenschaftler Hamilton Smith in dem Wissenschaftsmagazin aus. Außerdem könnten derartige Organismen gezielt eingesetzt werden, um das klimaschädliche Gas Kohlendioxid abzubauen oder giftige Abfälle unschädlich zu machen. Ein Erfolg der Forscher könnte nach ihrer Einschätzung also ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Klimawandels sein.

Vergleichsweise winziges Genom

Während ihrer fünf Jahre langen Forschung hatten die Wissenschaftler des Venter-Instituts das Bakterium Mycoplasma genitalium verwendet, das mit rund 580 Genen eines der kleinsten Zellgenome auf der Erde hat. Im Vergleich zum menschlichen Genom ist dies winzig: Dieses besteht aus etwa 36.000 Genen.

Die US-Forscher stellten in einem chemischen Verfahren DNA-Bruchstücke von Mycoplasma genitalium her. Mit Hilfe einer neuen Methode gelang es ihnen, diese Einzelteile zusammenzusetzen und zu vervielfältigen. Gene, die für die biologische Funktion des Bakteriums unwichtig waren, wurden zur Vereinfachung des Prozesses weggelassen.

Das Venter-Institut wurde von dem umstrittenen Biotechnologie-Pionier Craig Venter gegründet. Er sieht in künstlichem Leben ein mögliches Heilmittel für Krankheiten und Klimaprobleme.

Skeptische Reaktionen: "Venter ist nicht Gott..."

In der Wissenschaftswelt stieß die Studie auch auf Skepsis. So sagte der Molekularbiologe Eckard Wimmer von der New York University, nach der Herstellung eines künstlichen Genoms hätten die Wissenschaftler eigentlich auch gleich künstliches Leben schaffen können. Dass dieser letzte Schritt nicht erfolgt sei, spreche dafür, dass das hergestellte Genom nicht lebensfähig sei. Diese Möglichkeit hatten die Forscher am Ende ihrer Studie selbst eingeräumt. Helen Wallace von der Organisation GeneWatch in Großbritannien sagte: "Venter ist nicht Gott... Er ist weit davon entfernt, Leben zu erschaffen." (smz/AFP/dpa)

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