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Gerhart Baum, Anwalt: "Was jetzt geschieht, ist ärgerlich"

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum, dessen Kanzlei die Loveparade-Opfer vertritt, über den Kampf der Gutachter.

Herr Baum, der Streit der Gutachter zum Loveparade-Unglück tobt. Wie bewerten Sie die bisherige Aufarbeitung der Tragödie in Duisburg?

Die bislang erstellten Gutachten haben Rechtfertigungscharakter und lassen viele Fragen offen. Die Untersuchung wird von der Staatsanwaltschaft durchgeführt und das wird einige Monate dauern. Alles, was jetzt geschieht, ist eher verwirrend und ärgerlich für die Betroffenen. Niemand übernimmt moralisch Verantwortung, von Schuld ganz zu schweigen.

Sie haben regelmäßig Kontakt zu Betroffenen. Was sind die drängendsten Probleme, die die Menschen jetzt haben?

Die Betroffenen leiden unter dem Schmerz über den Verlust eines Angehörigen und unter Gesundheitsbeschwerden. Viele sind traumatisiert und müssen behandelt werden. Ich sehe auch, dass die Zahl der Betroffenen über die bislang häufig genannten 500 hinausgeht.

Reicht aus Ihrer Sicht die Unterstützung aus, die die Betroffenen von Seiten der Stadt und des Landes erhalten?

Nein. Die Betroffenen könnten aus drei Töpfen Soforthilfe erhalten. Der wichtigste ist mit einer Million Euro die Hilfe des Landes. Die psychischen Folgen aber werden nur ungenügend berücksichtigt. Darüber hinaus gibt es die Versicherung des Veranstalters und einen Topf der Stadt. Die Hilfe müsste aber besser koordiniert werden.

Dabei ist gerade die finanzielle Not vieler Betroffener groß.

Sicher. Die Opfer sind zum Teil arbeitsunfähig – und nach sechs Wochen gibt es kein Krankengeld mehr. Die materiellen Probleme beginnen jetzt für die meisten erst. Wir können nicht monatelang warten, bis die Schuldfrage geklärt ist.

Was bedeutet es für die Opfer, dass sich die Untersuchung der Staatsanwaltschaft voraussichtlich bis nächstes Jahr hinzieht?

Für uns ist wichtig zu wissen, woran wir sind und gegen wen sich Schadenersatzforderungen richten könnten. Wir hoffen, dass die Untersuchungen so schnell wie möglich abgeschlossen werden und wir Akteneinsicht bekommen. Vieles spricht dafür, dass Verantwortungsbereiche sich überschneiden, dass sowohl Stadt als auch Land und Veranstalter Anteil an der Ursache des Unglücks haben.

Gerhart Baum (FDP) war Bundesinnenminister unter Helmut Schmidt. Seine Kanzlei vertritt die Loveparade-Opfer. Das Gespräch führte Anna Sauerbrey.

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