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© ddp

Geschützte Leckereien: Paella und Tapas als Weltkulturerbe?

Die Unesco stellt seit einigen Jahren nicht nur allein Bauwerke unter Schutz. Das wollen die Spanier jetzt nutzen und die mediterrane Küche zum Weltkulturerbe machen.

Paella statt Currywurst, Gazpacho statt Erbseneintopf: Um die zu Übergewicht neigenden Europäer wieder auf Linie zu bringen, greift Spanien zu einem ungewöhnlichen Mittel: Madrid will die mediterrane Ernährungsweise zum Unesco-Weltkulturerbe erklären lassen. Denn die UN-Organisation stellt seit einigen Jahren nicht nur Bauwerke unter Schutz, sondern auch "immaterielles Kulturerbe". Den Vorschlag tischte die spanische Landwirtschaftsministerin Elena Espinosa ihren EU-Kollegen in Brüssel auf - und rief damit bei Nordlichtern nur ein mildes Lächeln, bei Südländern aber Begeisterung hervor.

Spanien will mitnichten ganz Europa Tapas verordnen oder den Weißwurst- zum Chorizo-Äquator machen. Vielmehr geht es Madrid um die Förderung der mediterranen Küche, die Ernährungswissenschaftler für besonders ausgewogen halten. Als Kronzeugen führen die Spanier ausgerechnet einen Forscher aus dem Land der Hot Dogs und Hamburger an: Den US-Wissenschaftler Ancel Keys. Dieser fand bereits in den 50er Jahren bei einer Vergleichsstudie von sieben Ländern heraus, dass eine Ernährung auf der Basis von Olivenöl, viel Obst, Gemüse und Fisch und in Maßen genossenem Wein und Fleisch das Risiko von Herzkrankheiten senkt.

Vorschlag ringt Seehofer ein Schmunzeln ab

"Gehaltvoll, vielseitig, ausgeglichen, gesund und schmackhaft", sei die Mittelmeerküche, heißt es in der EU-Vorlage Spaniens. Damit sei sie ebenso hochwertig wie schützenswert. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU), der als Freund bayerischer Schweinshaxe gilt, konnte sich dazu ein Schmunzeln nicht verkneifen. Mehr Begeisterung zeigte sein portugiesischer Kollege Jaime Silva, dessen Land am 1. Juli von Deutschland den EU-Vorsitz übernahm. Er sagte Madrid volle Unterstützung für die "gute Idee" zu.

Nur die Unesco muss Spanien noch überzeugen. Dann könnten Paella und Tapas bald ebenso viel Ansehen genießen wie die Tänze der Aka-Pygmäen in Zentralafrika oder die Totengedenkriten Mexikos. Eine Anerkennung der Mittelmeer-Küche wäre auch eine nachträgliche Ehrung für US-Ernährungswissenschaftler Keys, der 2004 im Alter von 100 Jahren verstarb. Auf seiner letzten Geburtstagsfeier wurde er noch gefragt, ob er sein langes Leben der gesunden Ernährung verdanke. Dies sei "sehr wahrscheinlich", antwortete Keys. "Aber einen Beweis gibt es nicht."

Stephanie Lob[AFP]

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