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Panorama: Gesellschaft im Wandel: Gespräch: "Die Familie wird bunter"

"Was kommt nach der Familie?" heißt das jüngste Buch von Elisabeth Beck-Gernsheim.

"Was kommt nach der Familie?" heißt das jüngste Buch von Elisabeth Beck-Gernsheim. Die Erlanger Soziologin hat als eine der ersten die neue Unübersichtlichkeit in den privaten Beziehungen der Deutschen zum Forschungs-Thema gemacht. Zusammen mit ihrem Mann, dem Münchner Soziologen Ulrich Beck, hat sie das "Ganz normale Chaos der Liebe" veröffentlicht.

Frau Beck-Gernsheim, was ist eigentlich eine Familie?

Eine Definition, auf die sich alle einigen können, gibt es heute nicht mehr. Manche Leute hätten das gern, aber die Zeiten sind vorbei. Zum Beispiel Alleinerziehende: Die Familienministerin hat vor kurzem gesagt, Alleinerziehen sei eine etablierte Lebensform. Zum Beispiel homosexuelle Lebensgemeinschaften: Sie sind in anderen Ländern bereits anerkannt, in Deutschland wird es auch bald so weit sein. Zum Beispiel Kinder: Immer mehr Paare bleiben kinderlos. Und wo heute noch Kinder geboren werden, geschieht dies immer häufiger außerhalb des offiziellen Rahmens von Trauschein und Ehe; in den neuen Bundesländern ist inzwischen jede zweite Geburt unehelich. All das sind Beispiele dafür, wie heute Lebensformen aufkommen und Verbreitung, ja, auch offizielle Anerkennung gewinnen, die nach dem traditionellen Bild von Familie als schwerer Verstoß gegen Moral und Sitte galten.

Immer mehr Menschen bleiben kinderlos. Ist das ein Beleg für den zunehmenden Egoismus der Gesellschaft?

Ich bin gegen solche individualisierten Schuldzuweisungen. Man muss auch sehen, wie schwierig es heute für zwei Menschen ist, ihr Dasein wirklich miteinander zu verbinden. Unser Arbeitsmarkt verlangt immer mehr Mobilität und Leistungsbereitschaft. New Economy und die Bereitschaft, sich wirklich auf andere einzulassen, sind schwer in Einklang zu bringen.

Wie kommt eigentlich dieser Zwiespalt zwischen Faszination und Ablehnung zustande, den viele empfinden, sobald sie das Wort "Familie" hören?

Die Sehnsucht kennen wir alle. Aber man muss zwischen Wunsch und Wirklichkeit trennen. Nehmen wir den Kinderwunsch: Die allermeisten jungen Frauen sagen, dass sie Kinder wollen. Tatsächlich bleiben über 30 Prozent der Frauen der Jahrgänge ab 1965 wahrscheinlich kinderlos. Die Sehnsucht nach Familie ist gerade zu dieser Jahreszeit besonders stark ausgeprägt. Die realen Familienmitglieder auszuhalten, ist aber eine andere Sache. Zumal der Erwartungsdruck speziell an Weihnachten besonders hoch ist. Der Mensch handelt allerdings nicht so logisch: Ehe man an Weihnachten allein da sitzt, kommt man doch lieber auf die alten Beziehungen zurück. Viele fühlen sich dann angesichts der schönen Medienbilder als Versager.

Gibt es in Sachen Familie auch gute Nachrichten?

Die Familie ist nicht mehr die alte. Sie wird anders, vielfältiger, bunter. Ein Beispiel: Jedes fünfte Kind, das heute in Deutschland geboren wird, hat mindestens ein ausländisches Elternteil. In der Öffentlichkeit wird das fast immer als problembelastet gesehen, so, als müssten diese Kinder sich im Niemandsland der Kulturen verirren. Doch diejenigen, die selbst aus bikulturellen Familien stammen, sehen diese Herkunft oft optimistischer und selbstbewusster. Sie sprechen vom Leben mit mehreren Kulturen und der Chance, darin einen eigenen Weg für sich zu finden. Wir machen heute zu schnell die ganz große Problemschublade auf.

Frau Beck-Gernsheim[was ist eigentlich eine Famil]

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