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Gesundheit: Ärzte bei der Stasi: Gegenvorschlag

Ehrungen für Wendehälse, einstige DDR-Multifunktionäre und Stasi-Mitarbeiter? Derlei Absichten erklären sich nur aus der politischen Ahnungslosigkeit von Ärzten, die in dieser Stadt noch nicht sehr lange zu Hause sind.

Ehrungen für Wendehälse, einstige DDR-Multifunktionäre und Stasi-Mitarbeiter? Derlei Absichten erklären sich nur aus der politischen Ahnungslosigkeit von Ärzten, die in dieser Stadt noch nicht sehr lange zu Hause sind. Ost-West-erfahrene Berliner Chirurgen konnten die Ernennung eines prominenten IM zum Ehrenmitglied ihrer Fachgesellschaft abwenden.

Aber wer ehrt eigentlich jene Ärzte, die seinerzeit verhinderten, dass die Transplantationsmedizin der DDR, ein Prestige-Unternehmen wie der Hochleistungssport, buchstäblich über Leichen ging? Berliner erinnern sich vielleicht an den so genannten Charité-Skandal: Die Boulevard-Presse brachte 1991 Schlagzeilen über "Ausschlachtung Lebender zu Organtransplantationen", die durch die ganze DDR nach Berlin gekarrt worden seien - Schwerkranke, die vor Ort hätten versorgt werden müssen.

Eine unabhängige Kommission hat das damals untersucht. Sie gewann den Eindruck, dass tatsächlich "in einzelnen Fällen nicht dem ärztlich zu verantwortenden Interesse des transportierten Patienten, sondern dem Anliegen der Organspende der Vorrang gegeben wurde". Es blieb nur deshalb bei Einzelfällen, weil ein mutiger Arzt damals verhinderte, dass dies zur gängigen Praxis wurde: Dietmar Krausch in der Charité-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Und seine Kollegin Isolde Flemming hat sich geweigert, Sterbenskranke vorzeitig für hirntot zu erklären, nur weil die Transplantationsmedizin ihre Organe wollte. Es ist nicht bekannt, dass diese Ärzte für solche Zivilcourage von ihrer Fachgesellschaft zu Ehrenmitgliedern ernannt worden wären.

R. St.

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