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Gesundheit: Alle wollen den Studenten Geld leihen

Jetzt kündigen auch die Sparkassen Studienkredite an – und kritisieren das KfW-Angebot

Auf dem neuen Markt der Studienkredite beginnt ein Konkurrenzkampf der Banken. Die Sparkassen kritisieren jetzt das Angebot der staatlichen KfW-Bankengruppe – und wollen im Gegenzug zum kommenden Wintersemester zeitgleich zur KfW ebenfalls ein Darlehen anbieten, mit dem möglichst viele Studenten zu einem moderaten Zinssatz ihre Lebenshaltungskosten und eventuelle Studiengebühren finanzieren können.

„Die bisher vorgestellten Überlegungen der KfW überzeugen nicht und lassen viele Fragen offen“, sagt Michaela Roth, die Sprecherin des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Beim KfW-Angebot sollen Studenten bundesweit maximal 650 Euro monatlich aufnehmen können – unabhängig vom Studienfach und vom Einkommen der Eltern. Der Zinssatz soll zunächst zwischen fünf und fünfeinhalb Prozent liegen. Die KfW will ihr Angebot nicht mit staatlichen Ausfallbürgschaften absichern. Das sei viel zu riskant, kritisiert der Sparkassenverband. Die KfW gehe bei ihren Berechnungen von falschen Annahmen aus. Es sei zu befürchten, dass „eine Haftung der öffentlichen Hand benötigt wird“, sagt Roth. Auch das aktuelle Jahresgutachten der fünf Wirtschaftsweisen geht davon aus, dass bei einem Darlehen mit den geplanten KfW-Konditionen eine staatliche Ausfallbürgschaft nötig ist.

Die Sparkassen argumentieren, dass die KfW unter anderem die Zahl der Studenten unterschätze, die ihr Darlehen später nicht zurückzahlen können. Die KfW rechnet damit, dass sie von zehn bis maximal zwanzig Prozent der Studenten das Geld nicht zurückbekommt. Eigene Schätzungen will der Sparkassenverband nicht nennen. Die KfW weist die Kritik zurück. „Unser Produkt ist so kalkuliert, dass die Ausfälle von den Kreditnehmern insgesamt getragen werden und kein Bundeszuschuss erforderlich ist“, sagt Klaus Müller, Abteilungsdirektor Volkswirtschaft bei der KfW-Bankengruppe.

Zudem „birgt der KfW-Kredit die Gefahr, dass der jeweilige Empfänger sich überschuldet“, moniert Roth. Dies liege vor allem an der langen Tilgungsdauer. Studenten haben zehn bis 25 Jahre Zeit, den Kredit zurückzuzahlen. Da die Zinsen in der Zeit weiterlaufen, kann die zum Schluss abbezahlte Summe weitaus höher liegen als der aufgenommene Kredit. Ein Beispiel, das die KfW selbst nennt: Wer über acht Semester monatlich 350 Euro aufnimmt, hat bei einem Zinssatz von 5,1 Prozent am Ende des Studiums eine Schuldenlast von 16 800 Euro angesammelt. Zahlt der Student das Darlehen binnen zehn Jahren zurück, kommt er zum Schluss auf eine Gesamtsumme von etwa 24000 Euro. Bei 15 Jahren sind es schon 26600 Euro, in 25 Jahren kommen 32300 Euro zusammen. Wer über das gesamte Studium das höchstmögliche Darlehen beziehe, könne insgesamt bei 70000 bis 80000 Euro Schulden landen, wenn er 25 Jahre zurückzahlt, sagt Roth. Die KfW geht allerdings davon aus, dass nur wenige Studenten den vollen Kreditrahmen über die volle Studiendauer ausschöpfen werden.

Die Kritik stellt die KfW vor ein großes Problem. Denn noch gleicht sie einem Automobilunternehmen ohne Autohäuser. Sie besitzt nämlich keine Filialen, in denen Studenten die Kredite abschließen könnten. Dafür sucht die KfW jetzt Vertriebspartner. Angebote gingen an die Dachverbände der Sparkassen, der Raiffeisen- und Volksbanken, an Privatbanken sowie an die Studentenwerke. Die Sparkassen zögern jetzt, den KfW-Kredit in ihren Filialen zu verkaufen – auch wenn dazu beim Dachverband noch keine Entscheidung getroffen wurde. „Wir tragen bei der Kreditvergabe eine Verantwortung für unsere Kunden“, sagt Roth – ein Produkt, das die Sparkassen in Frage stellen, könnten sie wohl kaum vertreiben.

Die anderen potenziellen Partner haben ebenfalls Bedenken. Noch seien zahlreiche organisatorische Fragen zu klären, sagt Cornelia Schulz vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken. Auch Haftungsfragen sind noch offen. Die KfW hat zugesichert, die Ausfälle zu hundert Prozent zu übernehmen. Darüber hinaus könnten aber auch die Vertriebspartner haften, wenn Studenten sich im Nachhinein falsch beraten fühlen. Wer dieses Risiko trägt, sei noch nicht geklärt. „Die Verantwortung hierfür muss bei der KfW liegen, die die Kredite entwickelt und anbietet“, sagt Schulz.

Ähnliche Hindernisse sehen die Studentenwerke. „Prinzipiell können wir uns aber vorstellen, Vertriebspartner für den KfW-Studienkredit zu sein“, sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär der Deutschen Studentenwerke. Die Organisation könnte der beim staatlichen Studiendarlehen Bafög ähneln. Der Bundesverband deutscher Banken, der die Privatbanken vertritt, will derzeit keine Stellungnahme abgeben.

Ob bei der Kritik des Sparkassen-Dachverbands eine Rolle spielt, dass er ein Konkurrenzangebot auf den Markt bringen will? Details zu seinem neuen Angebot will der Dachverband demnächst bekannt geben. Auch die Sparkassen gehen davon aus, keine Ausfallbürgschaften vom Staat einkalkulieren zu können. Zusätzlich wollen sie zum Wintersemester ein weiteres Angebot für Studenten auflegen, das zu gleichen Teilen auf frühes Ansparen und auf Darlehen setzt.

Nur eins steht bei dem Konkurrenz-Angebot zur KfW schon fest: Ganz voraussetzungslos wollen die Sparkassen ihr Darlehen nicht vergeben, sagt Sprecherin Roth. Derzeit entwickeln die Sparkassen ein Rating-Verfahren, mit dessen Hilfe sie einschätzen wollen, ob ein Student ein Darlehen später tatsächlich zurückzahlen kann. Wären dann Geisteswissenschaftler bei der Kreditvergabe benachteiligt, da Banken deren Berufschancen im Vergleich zu Wirtschaftswissenschaftlern oder Medizinern als wenig aussichtsreich einschätzen? Nein, sagt Roth: „Der Studienkredit soll keine Eliteförderung sein, sondern einer breiten Zielgruppe offen stehen.“

Die KfW will zumindest während der Laufzeit des Darlehens den Lernfortschritt der Kreditnehmer kontrollieren und so überprüfen, ob Studenten weiterhin förderungswürdig sind. „Es macht wenig Sinn, Studenten zu fördern, die im 8. Semester noch keine Zwischenprüfung haben“, sagt KfW-Experte Klaus Müller. Details ständen aber noch nicht fest.

Trotz aller Probleme: Beim Starttermin zum kommenden Wintersemester bleibe es weiterhin, heißt es bei der KfW.

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