zum Hauptinhalt

Gesundheit: Allergien: Hausverbot für die Katze, Milben aus der Matratze

Nur zwei Dinge stehen für die Experten fest, die sich beim 20. Kongress der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie in Berlin austauschen: "An steigenden Wohlstand ist die Zunahme allergischer Erkrankungen gekoppelt", wie es Kongress-Präsident Ulrich Wahn von der Klinik für Pädiatrie der Charité ausdrückt.

Nur zwei Dinge stehen für die Experten fest, die sich beim 20. Kongress der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie in Berlin austauschen: "An steigenden Wohlstand ist die Zunahme allergischer Erkrankungen gekoppelt", wie es Kongress-Präsident Ulrich Wahn von der Klinik für Pädiatrie der Charité ausdrückt. Und: Gene und Umwelt haben an der Entstehung der überschießenden Reaktionen des Immunsystems ihren Anteil.

Doch dann beginnen schon die Fragen. Eine von ihnen wurde in einer Pro-und-Contra-Sitzung am Donnerstag heiß diskutiert: Kann man der Entstehung von allergischem Asthma vorbeugen, indem man möglicherweise allergieauslösende Stoffe strikt meidet? Einerseits legen Ärzte Familien, in denen die Krankheit schon aufgetreten ist, seit Jahren nahe, Hausstaubmilben und Tierhaare so weit wie möglich aus dem häuslichen Umfeld zu verbannen. Andererseits verwirrte Anfang des Jahres eine Studie im Fachblatt "Lancet" die Öffentlichkeit: In der frühen Kindheit besonders nahen Kontakt zu Katzenhaaren gehabt zu haben, scheint demnach eher vor Asthma zu schützen.

Für den Amerikaner Thomas Platts-Mills hat die Entwicklung eines Heuschnupfens oder eines Asthmas "vielfältige Ursachen, denen mit einer Meidung allein nicht begegnet werden kann". Ohnehin ist sie bei manchen allergieverdächtigen Substanzen eine wenig Erfolg versprechende Strategie: "Wenn Sie einen Plan haben, wie man Pollen ausmerzen könnte, würde ich ihn gern kennenlernen." Und die Katzen? Obwohl auch ihre Haare allgegenwärtig sind, rät der italienische Allergie-Spezialist Attilio Boner besorgten Eltern, das Risiko wenigstens zu Hause zu minimieren.

Die Kinderärztin und Allergiespezialistin Erika von Mutius von der Universität München ist dagegen unsicher, wie guter Rat in der Haustier-Frage aussehen muss: "Die Hinweise aus der Wissenschaft sind widersprüchlich." Anders liegt der Fall allerdings, wenn schon eine Allergie aufgetreten ist. Dann muss die Katze mit Rücksicht auf die Gesundheit des Kindes weichen.

Viel Unklarheit herrscht auch noch hinsichtlich der Hygiene-Hypothese. Immerhin haben die Allergologen in den letzten Jahren herausgefunden, dass es vor dem Ausbruch von Heuschnupfen schützt, wenn ein Kind mit mehreren älteren Geschwistern aufwächst oder tagsüber zusammen mit einer Gruppe Gleichaltriger betreut wird. So kommt es mit vielfältigen Krankheitskeimen in Berührung.

Frau von Mutius, deren Arbeitsgruppe jüngst auch die Schutzwirkung einer Kindheit auf dem Bauernhof entdeckte, spricht vom "Trainingslager Immunsystem", das in der wichtigen frühkindlichen Entwicklungsperiode wiederholt Stimuli erhält. Dazu passt eine Studie aus der Charité, die unlängst zeigte, dass Säuglinge, die öfter Schnupfen haben, später seltener Asthma bekommen. Infektionen mit bestimmten Viren scheinen Allergien aber eher zu befördern. Wer nur an Milben, Pollen oder Tierhaare denkt, wenn es um den Einfluss der Umwelt auf die Allergie-Entstehung geht, greift auf jeden Fall zu kurz.

Auch die Ernährung scheint eine Rolle zu spielen, aber auch hier weiß man es noch nicht ganz genau. Höheres Körpergewicht ist jedenfalls - besonders bei Mädchen - mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, Asthma zu bekommen. Aber liegt das an der Zusammensetzung der Nahrung, an meist mit dem Übergewicht einhergehendem Bewegungsmangel oder am früheren Eintritt der Pubertät?

Viele lästige oder sogar gefährliche Reaktionen, die aus den fehlgeleiteten Antworten des Immunsystems resultieren, kann man heute medikamentös unterdrücken. Eleganter wäre es jedoch, "die Art zu ändern, in der das Immunsystem mit den Allergenen umgeht", wie die Charité-Forscherin Yo Lee betonte. Viele Hoffnungen stützen sich hier auf die genauere Kenntnis der zuständigen Gene.

Adelheid Müller-Lissner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false