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Gesundheit: An die Uni nur nach Test

Die Hochschulen in Baden-Württemberg wollen die umstrittene Eignungsprüfung für Medizinstudenten wieder einführen. Die Bewerber sollen 50 Euro zahlen

Der Eignungstest für Medizinstudenten soll wieder eingeführt werden. Nach Tagesspiegel-Informationen müssen Bewerber für alle baden-württembergischen Universitäten den „Medizinertest“ ab dem Wintersemester 2007/2008 absolvieren. Abiturienten bekommen in dem Land dann nur noch einen Studienplatz, wenn sie nach der Kombination aus Abiturnote und Testergebnis zu den Besten gehören. Die Unis kehren damit zu einem Verfahren zurück, das bundesweit in den achtziger und neunziger Jahren galt und stets umstritten war.

Wie künftig Testergebnis und Abiturnote miteinander verrechnet werden, stehe noch nicht fest, sagt Roman Duelli von der Uni Heidelberg, die die Wiedereinführung koordiniert. Der Inhalt des neuen Tests solle stark an den alten angelehnt sein. In dem Test, den derzeit noch Abiturienten in der Schweiz ablegen, mussten zwischen 1986 und 1998 alle Medizin-Studienbewerber bundesweit an einem festgesetzten Termin im Jahr knapp 200 Fragen beantworten. Mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse wurden geprüft, räumliches Denkvermögen, Textverständnis sowie die Konzentrationsfähigkeit.

Die baden-württembergischen Unis reagieren mit der Wiedereinführung des Tests auf die geänderten Regeln bei der Studentenauswahl. Seit dem letzten Jahr können die Unis in den Fächern mit einem bundesweiten Numerus Clausus – zu denen auch Medizin gehört – 60 Prozent ihrer Studierenden selber aussuchen. Noch gehen viele Unis bei der Auswahl den einfachsten Weg und wählen weiterhin allein nach dem Abiturschnitt aus. Die Gesetze in mehreren Ländern wie Baden-Württemberg und auch Berlin sehen aber vor, dass die Hochschulen sich künftig mit dem Notenschnitt als Auswahlkriterium nicht begnügen dürfen. Die Professoren müssen mindestens ein weiteres heranziehen: Sie können Auswahlgespräche führen, abgeschlossene Berufsausbildungen als Pluspunkt werten – oder einen Extra-Test schreiben lassen.

Am Medizinertest haben sich die Geister allerdings immer geschieden. Befürworter argumentieren, dass das Ergebnis den Studienerfolg eines Bewerbers besser prognostizieren kann als der Eindruck nach einem Gespräch, bei dem sich die Professoren durch die Herkunft oder das Aussehen eines Abiturienten beeinflussen lassen könnten. Kritiker wenden ein, dass die Besten beim Medizinertest fast immer identisch mit den Abiturbesten waren. Die Aufgaben seien trainierbar, lautet ein zweites Gegenargument. Wer sich die teuren Vorbereitungskurse leisten könne, sei im Vorteil.

Als Pluspunkt werten die baden-württembergischen Unis den vergleichsweise geringen Aufwand für den Test, sagt Duelli. Zwar galten die hohen Kosten als ein Hauptargument gegen den Test, als er 1998 abgeschafft wurde. Eine Million Euro kostete er pro Jahr, die der Staat zahlen musste. Doch jedes Semester Auswahlgespräche für die 25 000 Medizin-Studienbewerber allein in Baden-Württemberg zu organisieren, sei logistisch und finanziell noch aufwändiger, sagen die Unis. Die Kosten des Tests sollen jetzt zudem die Bewerber zahlen. 50 Euro seien derzeit im Gespräch, sagt Duelli.

Könnten Unis anderswo nachziehen – und bald wieder Abiturienten bundesweit über dem Test schwitzen? Die Mediziner der Berliner Charité, die ihre Bewerber derzeit zu Auswahlgesprächen einladen, sind noch skeptisch. Es sei ein „Rückschritt“, wenn wieder ein bundesweiter Test über die Studienplatzvergabe entscheide, heißt es dort. Man wolle die Auswahl der Studenten nicht erneut aus der Hand geben.

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