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Gesundheit: Anbiederung an Hetero-Gesellschaft?

Vor dem Christopher Street Day: Die schwul/lesbischen Vertretungen an den HochschulenVON INGO BACHSchwule Hauptstadt Berlin? Nicht jeder Homosexuelle wird da vorbehaltlos zustimmen wollen, aber zumindest ist hier die "Szene" am größten, gibt es hier die meisten Kneipen und Discos - und das älteste Schwulenreferat an Deutschlands Hochschulen.

Vor dem Christopher Street Day: Die schwul/lesbischen Vertretungen an den HochschulenVON INGO BACHSchwule Hauptstadt Berlin? Nicht jeder Homosexuelle wird da vorbehaltlos zustimmen wollen, aber zumindest ist hier die "Szene" am größten, gibt es hier die meisten Kneipen und Discos - und das älteste Schwulenreferat an Deutschlands Hochschulen.Im Juni 1981 faßte das Studentenparlament (Stupa) der FU den Beschluß, ein solches Referat einzurichten.Und noch heute gehört es zu den aktivsten der mittlerweile an fast jeder Hochschule existierenden Lesben- und Schwulengruppen. Besonders aktiv werden Lesben und Schwule traditionell im Juni, wenn sie zum Christopher Street Day (CSD) weltweit auf die Straße gehen.1969 hatten sich in New York erstmals Schwule gemeinsam gegen die dauernden Polizeischikanen gewehrt.28 Jahre später sei von dieser Gemeinsamkeit zumindest in Berlin nicht mehr viel zu merken, sagt Jochen Drewes vom autonomen Schwulenreferat der FU."Die Organisatoren der jetzigen CSD-Demo sind konservativ und wollen alle raushaben, die ihren Anbiederungskurs an die Hetero-Gesellschaft - zum Beispiel ihre Forderung nach einem Eherecht auch für Homosexuelle - nicht mittragen wollen." Um sich davon abzugrenzen, organisierten die zehn Aktivisten des FU-Referates gemeinsam mit anderen Gruppen einen eigenen Block ("Herz mit Hirn") für die Demonstration am Sonnabend.Sie fordern die Entprivilegierung der Ehe und eine eingetragene Partnerschaft für Heteros, Lesben und Schwule. Der Alltag einer Interessenvertretung für homosexuelle Studierende sei unspektakulär, meint Drewes."Anders als in kleinen Städten ist in Berlin das außeruniversitäre Beratungs- und Unterhaltungsangebot so groß, daß unsere Arbeit fast nicht wahrgenommen wird." Massive Diskriminierungen gegen homosexuelle Studierende seien dem Referat schon lange nicht mehr bekannt geworden.Aber: "Schwule und Lesben sind an der Uni schlicht unsichtbar", meint Drewes.Einmal im Semester organisiert das Schwulenreferat gemeinsam mit der Lesbenvertretung eine schwul/lesbische Semesterparty, ebenso wie einen "Erstsemesterplausch" und ein schwul/lesbisches Frühstück. An der Technischen Fachhochschule ist das Referat Soziale Minderheiten seit Februar 1996 nicht mehr besetzt.Es gibt zwar Kandidaten, die diese Aufgabe gern übernehmen möchten, aber das Stupa sei bisher mangels Teilnehmern nicht beschlußfähig gewesen, sagt Claudia Ostwald, die die Arbeit kommissarisch betreut.Dabei sei der "heterosexuelle Druck" an der TFH besondes stark; die Techniker seien "rauher und auch biederer" als Studierende anderer Fächer.Man müsse vor allem Präsenz zeigen, doch das sei angesichts des nicht besetzten Referats schwierig.Daran, aber auch an politischen Vorbehalten, wird in diesem Jahr auch die Teilnahme der TFH an der CSD-Demonstration scheitern. Für die Humboldt-Universität hat der diesjährige CSD eine besondere Bedeutung, wird doch die Abschlußkundgebung direkt vor dem Hauptgebäude Unter den Linden stattfinden.Deshalb zogen Vertreter von Mutvilla, der Lesben- und Schwulenvertretung an der HU, eine zwei mal vier Meter große Regenbogenflagge am Hauptgebäude auf, dem weltweiten Symbol der Homosexuellenbewegung.Und auf der Demo werden die acht Leute von Mutvilla sogar mit einem eigenen Wagen vertreten sein - "gemeinsam mit unseren heterosexuellen Freunden" sagt Kristina Klein von Mutvilla.Berührungsängste gebe es nicht, Mutvilla sei gegen jede Form von Ghettodenken.Auch die Musikauswahl für die Demobeschallung werde sich vom "Techno-Einheitsbrei" der anderen Wagen unterscheiden."Da wird Grunge oder Rock zu hören sein - und auch mal Abba", verspricht Klein. Vielleicht werden dadurch einige HU-Studentinnen und Studenten auf die Existenz von Mutvilla aufmerksam."Wir machen zwar jeden ersten und dritten Sonntag im Monat einen schwul/lesbischen Kaffeeklatsch im Café Esperanza", sagt Klein.Allerdings sei der Zulauf oft enttäuschend.Dabei gäbe es genug zu tun, meint die Mutvillistin.Gerade in den konservativen Fachrichtungen wie Jura und BWL traue sich keine Lesbe oder kein Schwuler, offen aufzutreten."Uns berichten immer wieder Leute davon, daß sie lieber ganz schnell an unserer Infowand im Hauptgebäude vorbeilaufen", erzählt Klein, "sonst bekämen sie blöde Bemerkungen von Vorübergehenden zu hören." Kontakte: FU: 839 091 18 (Schwulenreferat), 839 091 0 (Lesbenreferat).HU: 2093/26 14.TFH: 453 60 09.TU: 314/256 83.

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