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Gesundheit: Arbeitstreffen der Deutschlehrer im Ausland bemängelt das zurückgehende Interesse am Deutschen im Ausland

"Die bisherige Politik der Bundesrepublik, Politiker im Ausland vorwiegend Englisch sprechen zu lassen, hat Deutschlehrern ihre Arbeit erheblich erschwert und die Arbeitsplätze in diesem Bereich verringert." Die Bemühungen um "Deutsch als wichtige und vielgelernte Fremdsprache in der Welt" würden auf diese Weise wieder zunichte gemacht.

"Die bisherige Politik der Bundesrepublik, Politiker im Ausland vorwiegend Englisch sprechen zu lassen, hat Deutschlehrern ihre Arbeit erheblich erschwert und die Arbeitsplätze in diesem Bereich verringert." Die Bemühungen um "Deutsch als wichtige und vielgelernte Fremdsprache in der Welt" würden auf diese Weise wieder zunichte gemacht. "Dass der ehemalige Bundespräsident von Weizsäcker bei einem Staatsbesuch in Belgien alle seine Reden auf Englisch hielt, hatte sofort einen substanziell negativen Einfluss auf den Prozentsatz von Schülern, die in belgischen Schulen Deutsch wählten." Der Niederländer Gerard Westhoff macht mit diesen Sätzen auch die Politiker für das zurückgehende Interesse an der deutschen Sprache verantwortlich. Westhoff ist Präsident des Internationalen Deutschlehrerverbandes (IDV).

Bei dem Arbeitstreffen der Deutschlehrer im Ausland , das in der vergangenen Woche in der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder stattfand, konnte man nicht nur solche "starken Worte" hören. Der IDV, der in 90 Mitgliedsverbänden und 66 Ländern die Interessen von etwa 250 000 Deutschlehrern vertritt, hat gegen die unterschiedlichsten Widerstände anzukämpfen. Was Ida Suckowa, die russische Vertreterin des Internationalen Deutschlehrerverbandes , über den Stellenwert der deutschen Sprache an den Schulen Russlands berichtet, können ihre Kollegen nur bestätigen. Englisch ist weltweit klar die Nummer eins. Es wird meist als erste Fremdsprache gewählt. Doch auch der zweite Platz für Deutsch als Fremdsprache ist in manchen Ländern bereits gefährdet. Nicht nur in Dänemark sind Spanisch und Französisch dem Deutschen auf den Fersen. In Frankreich war und ist Deutsch bei der Masse wenig beliebt. "Es ist dort die Sprache der Elite". Das sagt Gerard J. Westhoff, der Präsident des IDV.

Auch der Verbandsvertreter aus Israel, Joachim Warmbold, will den Rückgang des Deutschen nicht schön reden. "An den Schulen ist das Fach Deutsch kaum präsent. Es steht in Israel ganz hinten", sagte.

Es handelt sich nicht nur um Vorurteile, die sich hartnäckig behaupten und Deutsch nicht unbedingt populärer machen. Es sind auch Finanzprobleme aufgrund der verringerten Zuschüsse von Mittlerorganisationen wie den Goethe-Instituten. Ob in Lettland, in Brasilien oder in der Ukraine - der Lehrerberuf hat in vielen Ländern ein schlechtes Prestige. Schlecht ist häufig auch die Bezahlung, was in Thailand beispielsweise dazu führt, dass die Zahl der Deutsch-Schüler steigt, während die Zahl der Lehrer sinkt. Besonders unter jungen Leuten besteht daher nur wenig Interesse am Beruf des Lehrers. Ähnliches berichtet Tetyana Komarnytska, die Präsidentin des Ukrainischen Deutschlehrer- und Germanistenverbandes. Obwohl seit 1993 eine große Nachfrage herrsche, sei das Lehrangebot gering. Die Demotivation unter Lehrern sei enorm, da "sie zum Teil monatelang kein Gehalt bekommen".

Trotz aller Probleme - von Pessimismus war bei den rund 75 Verbandsvertretern nichts zu spüren. Es überwog die Lust auf Veränderung. "Wir müssen das Marketing lernen", so Westhoff, "und dabei die verschiedenartigen Motivationen der Deutschlerner berücksichtigen." In Tschechien ist man offenbar schon auf dem richtigen Wege. Wie Peter Boritzka (Prag) ausführte, habe man dort vermitteln können, dass man "mit Deutsch Geld verdienen kann". Vor allem Fachdeutsch stehe "hoch im Kurs". Außerdem tue man sich mit den anderen "Zweitsprachen" zusammen und gehe "ins Ministerium", um sich für ein verbessertes Angebot an den Schulen einzusetzen, "und das klappt immer besser". In der Ukraine will man von den Dekanen an den Universitäten Unterstützung zu erhalten. "Da ein Teil der Studienplätze von den Studenten privat finanziert wird, ist dort noch Geld vorhanden", so Komarnytska.

Lust auf Veränderungen war auch bei der Arbeitsgruppe, die sich mit dem Internet beschäftigte, zu spüren. Die IDV-eigene Webseite wird interaktiver und informativer gestaltet, sodass sich jeder Verband ausführlich über die Aktivitäten der anderen unterrichten kann. Existierende und geplante Projekte der nationalen Verbände sollen so frühzeitig angekündigt werden, dass Kooperationen und Austausch möglich sind. Außerdem erhält jeder nationale Verband die Möglichkeit, eine eigene Seite einzurichten, um sich darzustellen.

Ein großer Teil der teilnehmenden Verbandsvertreter war in Frankfurt mit der Vorbereitung der Internationalen Deutschlehrertagung (IDT) beschäftigt, die in zwei Jahren in Luzern (Schweiz) stattfinden soll. In Luzern, so war von einer Arbeitsgruppe zu erfahren, will man auch "Eltern als Lobby gewinnen", denn schließlich entscheiden meistens diese, welche Fremdsprache das Kind lernt. In Luzern wird auch der Schülerperspektive ein größerer Stellenwert eingeräumt. Schüler sollen "den Kongress reflektieren" und ihre Sicht auf die Lehr- und Lern-Dinge äußern. Und schließlich wurde in der Oderstadt beschlossen, dass im Jahre 2000 eine Afrika-Konferenz, wahrscheinlich in Senegal, stattfinden soll. Afrikas Deutschlehrer haben es im Moment besonders schwer. In Südafrika beispielsweise hat sich die Zahl der Schulen mit Deutsch als Fremdsprache von 271 im Jahre 1989 auf jetzt 100 reduziert. Für den schwarzen Kontinent, der zur Zeit wahrlich nicht mit komfortablen Zuschüssen für den Deutschunterricht bedacht wird, ist das kein ermutigendes Zeichen.

Tom Heithoff

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