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Gesundheit: Berliner Hochschulgesetz: Studiengebühren für Langzeitstudenten

Die Berliner Hochschulen sollen möglichst noch im Jahr 2001 ein neues Hochschulgesetz bekommen. Denn drei Jahre nach der Neufassung des Hochschulrahmengesetzes müssen die Länder ihre Gesetze anpassen.

Die Berliner Hochschulen sollen möglichst noch im Jahr 2001 ein neues Hochschulgesetz bekommen. Denn drei Jahre nach der Neufassung des Hochschulrahmengesetzes müssen die Länder ihre Gesetze anpassen. Berlin wird nicht nur eine Anpassung vollziehen, sondern eigene Akzente setzen. Die Hochschulen sollen mit dem neuen Gesetz mehr Freiheiten bekommen, als sie je besessen haben. Gestern gaben Wissenschaftssenator Christoph Stölzl und sein Staatssekretär Josef Lange die Eckpunkte bekannt. Im Januar soll eine Fassung in Paragrafenform vorliegen.

Wissenschaftssenator Stölzl will Studiengebühren für Langzeitstudenten einführen. Jene 25 Prozent der Studenten an den großen Berliner Universitäten, die länger als 14 Semester studieren, sollen künftig Gebühren in Höhe von 1000 Mark pro Semester zahlen. Stölzl hofft dabei auf Mehreinnahmen für die Hochschulen - in Baden-Württemberg sind 37 Millionen Mark über diesen Weg erzielt worden. Eigentlich möchte Stölzl, dass sich die Studiengebühren selbst überflüssig machen, wenn die Studenten künftig schneller zum Abschluss kommen.

Das Studium bis zum ersten berufsqualifizierendem Abschluss soll entsprechend der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz jedoch gebührenfrei bleiben. Das gilt auch für die Masterstudiengänge, die unmittelbar nach dem Bachelorabschluss von den Studienbesten gewählt werden. Promotionsstudiengänge bleiben ebenfalls gebührenfrei. Für die Weiterbildung dürften dagegen Gebühren erhoben werden, und dazu rechnet Stölzl auch jene Masterangebote, die nach Jahren der Berufstätigkeit als Fortbildung gewählt werden. Die Einnahmen aus den Studiengebühren dürfen nach den Gesetzesbestimmungen nicht dazu führen, dass die Landeszuschüsse für die Hochschulen herabgesetzt werden. Gebühren haben die Zweckbindung, der Verbesserung der Lehre und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu dienen.

Große Studienreform

Die Studienreform soll durch das neue Hochschulgesetz entscheidend vorankommen. Grundlage sind die neuen Studiengänge, die nach drei oder vier Jahren mit dem Bachelor und nach weiteren zwei Jahren mit dem Master abschließen. Sie werden in zeitlich abgeschlossene Lehreinheiten, so genannte Module, untergliedert. Jede dieser Einheiten bekommt bestimmte Punkte (Credit points). Auf der Grundlage der Credit points ist ein Hochschulwechsel im In- und Ausland leichter geworden. Auch die Organisation eines Teilzeitstudiums ist damit besser zu bewältigen, weil dann klare Leistungsabschnitte festgelegt werden.

"Lehre und Prüfungen können in geeigneten Fächern ganz oder teilweise in fremdsprachlichen Formen durchgeführt werden" - diesen Satz versteht Wissenschaftssenator Stölzl so, dass Englisch als Weltsprache der Wissenschaft künftig in den Hochschulen viel stärker vermittelt werden muss als bisher. Die Berufung neuer Professoren will der Senator an diesem Ziel ausrichten.

Die bisherige Politik des Berliner Senats, den Hochschulen durch eine Experimentierklausel die Chance zu eigenen Lösungen zu eröffnen, soll bewahrt werden. Die Experimentierklausel hat eine Laufzeit bis zum Jahr 2004. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch die Lösungen, die die Humboldt-Universität, die Freie Universität und die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft mit der Einführung von Hochschulräten (Kuratorien neuer Art) gefunden haben, danach aufgegeben werden müssen. Vielmehr wird das neue Hochschulgesetz den Hochschulen, die das möchten, weiter den Spielraum für eine eigene Gestaltung eröffnen. Die Hochschulen, die dazu nicht in der Lage sind, bekommen mit dem neuen Hochschulgesetz eine Musterverfassung.

Verträge und Hochschulräte

Erstmals werden die Hochschulverträge, die seit einigen Jahren nach dem Grundsatz Reformen gegen Geld eingeführt worden waren, offiziell im Hochschulgesetz verankert. Über die Hochschulverträge wollenbeide Partner, der Senator und das Abgeordnetenhaus auf der einen Seite und die Hochschulpräsidenten auf der anderen Seite, Zielvereinbarungen festlegen: zum Beispiel mehr Studiengänge mit dem Bachelor- und Masterabschluss, die Förderung von mehr Frauen in der Wissenschaft, die schrittweise Verkürzung der Studienzeiten und ähnliches. Das Gesetz wird die Hochschulen verpflichten, künftig jährlich Geschäftsberichte vorzulegen, aus denen ersichtlich werden muss, was sie mit dem Geld des Steuerzahlers getan haben. Künftig wird ein erheblicher Teil der Gelder an Leistungskriterien gebunden. Senator Stölzl machte darauf aufmerksam, dass hier die genaue Kontrolle durch das Abgeordnetenhaus und den Senat von Berlin einsetzt. Trotz aller Autonomie und Gestaltungsfreiheit wollen die Politiker die grundsätzliche Verantwortung behalten.

Künftig soll jede staatliche Hochschule einen Hochschulrat bekommen, der aus neun externen Mitgliedern besteht. Gedacht ist an Persönlichkeiten, die langjährige Erfahrung in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur haben. Die Hochschulräte sind nicht als Frühstücksdirektoren gedacht. Sie sollen wichtige Entscheidungen treffen: über die Verteilung des Haushalts, über die Entwicklungspläne, über die Binnengliederung in Fakultäten, Fachbereiche und Institute, über Gebühren und Entgelte. Auch die Einrichtung und Aufhebung von Studiengängen soll an die Zustimmung des Hochschulrates gebunden werden. Selbst bei der Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten hat der Hochschulrat ein Mitwirkungsrecht: Er macht die Vorschläge für die Kandidaten, während der Akademische Senat die Präsidenten und Vizepräsidenten wählt.

Für die gesamte Hochschullandschaft in Berlin soll es einen Landeshochschulrat geben, der den Regierenden Bürgermeister und das Abgeordnetenhaus berät. Stölzl denkt an 13 externe Mitglieder, die nicht in Berlin beruflich tätig sind. Von diesen sollen acht aus der Wissenschaft und fünf weitere aus der Wirtschaft kommen. Die Kompetenzen sind beratender Art. Es geht um Empfehlungen zu den unterschiedlichen Profilen der Hochschulen, zur Abstimmung zwischen den Hochschulen und den Forschungsinstituten in der Stadt, zur Bildung von Schwerpunkten des Landes in der Forschung. Zu der Summe, die das Abgeordnetenhaus als Zuschuss für die Hochschulen vorsieht, kann der Landeshochschulrat vorher seine Empfehlung abgeben.

Uwe Schlicht

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