zum Hauptinhalt

Gesundheit: "Biermuskel": Bierbäuche sind männlich

Die noch charmanteste Umschreibung für einen Körperbereich, der bei vielen Menschen mit zunehmendem Alter aus den Fugen gerät, ist wohl "untere Problemzone". Gewöhnlich haben etwas kräftiger Gebaute jedoch einen "Speckbauch", "Schmerbauch", vielleicht auch einen "Bierbauch", ein "Pilsgeschwür" oder schlicht "einen Bauch".

Die noch charmanteste Umschreibung für einen Körperbereich, der bei vielen Menschen mit zunehmendem Alter aus den Fugen gerät, ist wohl "untere Problemzone". Gewöhnlich haben etwas kräftiger Gebaute jedoch einen "Speckbauch", "Schmerbauch", vielleicht auch einen "Bierbauch", ein "Pilsgeschwür" oder schlicht "einen Bauch".

Die Strategien, ihn zu kaschieren, sind vielfältig. Spezielle Miederhosen oder Korsetts pressen die Fettzone platt, in Bademoden hilft es dagegen nur noch, Luft einzusaugen. Deshalb sollte das Handtuch auch nicht weiter vom Wasser entfernt liegen, als der Fußweg mit eingezogenem Bauch noch erlaubt.

Für Frauen gab es in diesem Sommer sogar ein besonderes modisches Utensil. Der so genannte Cacheur bedeckt, getarnt als lässig um die Taille geschlungener Pullover, die weibliche Bauchrundung. Doch Achtung: Bei einem Mann würde der bequeme Cacheur gar nicht helfen, wölbt sich doch seine Fettansammlung weiter oben: Ein typischer Männerbauch liegt über dem Bauchnabel.

Der männlichen Anatomie entsprechend sind auch die Bundfaltenhosen konstruiert, die bei zunehmender Leibesfülle an der Taille keinen Halt mehr finden, sondern mit Hosenträgern auf Position gehalten werden müssen. Bei Frauen wären diese meist elastischen Bänder nur ein modisches Accessoire. Ihr Bauch befindet sich normalerweise weiter unten und lässt so für Gürtel oder Taillengummies immer noch genug Platz.

Das Fett wird also mit zunehmendem Übergewicht geschlechtsspezifisch verteilt. Dabei zeigen Männer trotz eines kräftigen Bauchs oft dünne Beine und einen kleinen Po, während Frauen zunehmend auch an Hüfte, Po, Armen und Beinen zunehmen. Die Experten unterscheiden beim Übergewicht deshalb den zentral stammbetonten androiden, also männlichen Rumpftyp, und den peripher hüftbetonten gynoiden, also weiblichen Typ.

Diese Grenzen sind allerdings keineswegs scharf. Es gibt beim speziellen Fettmuster auch Übergänge und sogar die gegensätzliche Verteilung. Mit Hilfe eines Schneidermaßbandes kann jeder selbst die Diagnose stellen. Gemessen werden der Taillen- und der Hüftumfang, und zwar in Höhe des Nabels und des Hüftgelenks. Der Wert für den Taillenumfang wird anschließend durch den Wert des Hüftumfangs geteilt. Eine androide, eher männliche Fettverteilung liegt bei Frauen vor, wenn der Taillen-Hüftquotient größer als 0,85 ist, bei Männern, wenn er 1,0 überschreitet.

Rumpftyp und Hüfttyp

Da Männer und Frauen sich weitgehend ähnlich ernähren, müssen die Geschlechtshormone hier die entscheidende Rolle spielen. Schließlich sind diese ja auch für die typische Fettansammlung am weiblichen Busen verantwortlich. Dennoch ist die hormonelle Steuerung der speziellen Fettverteilung bisher nur lückenhaft aufgeklärt.

Fest steht, das hohe Testosteronwerte nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen für den charakteristischen Rumpftyp sorgen. Frauen, die am polyzystischen Ovarialsyndrom, einer Erkrankung der Eierstöcke, leiden, haben mehr freies Testosteron im Körper und entsprechen deshalb dem Rumpftyp. Die Androgene nehmen anscheinend Einfluss auf das Fetthormon Leptin. Die Ausscheidung des Leptins aus den Fettzellen wird von den männlichen Sexualhormonen unterdrückt, so dass Männer in der Regel geringere freie Leptinwerte aufweisen als Frauen.

Ein Anstieg der weiblichen Östrogene sorgt dagegen für einen peripher hüftbetonten Typ. Diese Form der Fettablagerung findet sich übrigens auch bei Männern, die vom so genannten Klinefelter Syndrom betroffen sind. Sie verfügen über zusätzliche weibliche Erbanlagen, da sie in ihrem Erbgut ein zusätzliches weibliches X-Chromosom haben, das für eine verminderte Testosteronproduktion verantwortlich ist.

Egal, ob es sich um androide oder gynoide Adipositas handelt: Je stärker das Übergewicht ist, um so größer ist auch die Belastung für den Körper. Ein Übergewicht von 20 Pozent gilt als behandlungsbedürftig, da hier bereits Knochen und Gelenke zu stark belastet werden. Zudem steigt bei kräftig Gebauten das Risiko, an Bluthochdruck, Diabetes oder Hypercholesterinämie zu erkranken. Die Stammfettsucht scheint im Gegensatz zur gynoiden Adipositas zusätzlich noch ein größeres Herz-Kreislauf-Risiko zu bedingen.

Der dicke Bauch, egal wo er sich nun genau befindet, ist also nicht nur ein Schönheits-, sondern vor allen Dingen auch ein Gesundheitsproblem und sollte deshalb in jedem Fall behandelt werden. Ein kleiner Rettungsring oder ein Speckhügelchen sind dagegen keineswegs gefährlich. Wer sich nicht durchs Leben hungern möchte und nicht zur Gemeinde der modernen Leibfeinde zählen will, der muss sich dazu entweder auch optisch bekennen, oder in die geschlechtsspezifische modische Trickkiste greifen.

Ellen Norten

Zur Startseite