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Gesundheit: „Bomben, die Demokratie bringen“ Studenten aus den USA diskutieren über den Krieg

Amerika führt Krieg. Aber: „Wir sind nicht unsere Regierung“, sagt Diya Timothy, Studentin vom Bard College bei New York, gleich zu Beginn des gemeinsam mit Studenten der Humboldt-Universität organisierten Symposiums.

Amerika führt Krieg. Aber: „Wir sind nicht unsere Regierung“, sagt Diya Timothy, Studentin vom Bard College bei New York, gleich zu Beginn des gemeinsam mit Studenten der Humboldt-Universität organisierten Symposiums. Es geht um den Terrorismus, darum, wie der amerikanische Staat auf die unsichtbare Bedrohung reagiert, was mit den Bürgerrechten geschieht, wie die Medien sich verhalten und wie es ist, heute als ausländischer Student in den USA zu sein. Draußen, im Friedenscamp Unter den Linden, hängen Schilder: „Bush ist ein Mörder“. Trotzdem sagen die amerikanischen Studenten, dass sie sich in Deutschland wohl fühlen.

„Wir wollen ein anderes Bild von Amerika vermitteln“, sagen sie. Einer betont: „Ich gehöre zu der Mehrheit der Amerikaner, die George W. Bush nicht gewählt hat.“ Und die Berliner Amerikanistikstudenten? Sie wollen vor allem das Objekt verstehen, das sie da studieren. Es wird viel differenziert und abgewogen, auf beiden Seiten. Niemand sagt: Ich bin für diesen Krieg. Oder: Ich bin gegen diesen Krieg.

Außer Valon Xharra, aber das hat einen besonderen Grund. Der 23-jährige Kosovoalbaner studiert erst seit einem halben Jahr in Bard Politikwissenschaft. 1999 hat er die Bombardements der Nato in seiner Heimat miterlebt. Wie Zehntausende floh er mit seiner Familie nach Albanien, um den ethnischen Säuberungen Milosevics zu entgehen. Er sagt: „Die Bomben haben uns Demokratie gebracht.“ So werde es auch im Irak sein. Frieden sei für ihn nicht gleich die Abwesenheit von Krieg. „Die Erfahrung im Kosovo hat mir gezeigt, dass nur Bomben gewissenlose Diktatoren wie Milosevic oder Saddam stürzen können.“ Er ist überzeugt: Der Bevölkerung wird es danach besser gehen. Einen Moment herrscht Stille im Saal.

Ein Wort fällt immer wieder: Paranoia. Amerika ist eine ängstliche Nation. Die Studenten haben Werbung für Masken und Schutzzelten gegen Gasangriffe dabei, zeigen Aufrufe der Regierung: „Der Kampf gegen den Terrorismus beginnt zu Hause – sei bereit.“ „Alle sind irgendwie in ständiger Verteidigungsbereitschaft“, erklärt die 21-jährige Politikstudentin Amy Ray. Auch Vasilica Crecea spürt die Angst. Nur andersherum. Studenten, die wie sie aus dem Ausland kommen, werden schräg angeschaut. Sie müssten sich in den USA gesondert registrieren lassen, erzählt die Physikstudentin aus Rumänien, dann würden Fotos gemacht, Fingerabdrücke genommen, Kontos überprüft, oft tagelange „Verhöre“ geführt, unter Eid und ohne Anwalt. Aber kaum einer ihrer Freunde wolle gern darüber sprechen, aus Angst vor „Problemen“. Auch Vasilica Crecea sagt, in den USA herrsche eine „Kultur der Angst“. Verbessert sich dann und meint: ein „Kult der Angst“.

Juliane von Mittelstaedt

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