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Gesundheit: Career Service: Finden Sie eine Metapher

Wer in der Lage ist, gute Literatur zu verstehen, der kann auch Unternehmensberater werden. So lautete jedenfalls der Tenor auf der Veranstaltung "Geisteswissenschaftler in der Unternehmensberatung", die in der vergangenen Woche das Career Service Network e.

Wer in der Lage ist, gute Literatur zu verstehen, der kann auch Unternehmensberater werden. So lautete jedenfalls der Tenor auf der Veranstaltung "Geisteswissenschaftler in der Unternehmensberatung", die in der vergangenen Woche das Career Service Network e.V. gemeinsam mit der "Zeit" organisiert hatte. Über 150 Studenten drängten sich im Haus der Wirtschaft - sitzend, stehend und auf dem Fußboden. Die studentischen Veranstalter strahlten. Mit ihrem Career Service, der mittlerweile seit einem Jahr besteht, möchten sie Geisteswissenschaftlern den Weg in die Wirtschaft aufzeigen. Deshalb hatten sie auch Referenten zur inzwischen vierten Veranstaltung eingeladen, die einmal Fächer wie Philosophie, Religion, Germanistik oder Romanistik studiert haben.

Wie es solchen scheinbar hoffnungslos wirtschaftsfernen Menschen doch noch gelingen kann, sich in der Unternehmensberatung unterzubringen, erklärte Michael Müller, der selbst - obschon Literaturwissenschaftler - ein eigenes Unternehmen gegründet hat. Müller brachte besonders gute Nachrichten für die Geisteswissenschaftler: Es ist keineswegs so, dass die geliebten Studieninhalte nach dem Abschluss einfach über Bord geworfen werden müssen. Er selbst etwa setzt die Techniken zur Analyse von Literatur in seiner kleinen Firma "System und Kommunikation" zur Analyse von Unternehmen ein. Strukturalismus, Semiotik und Erzähltheorie bleiben ihm also weiter gute Vertraute.

So hilft er etwa Unternehmen, indem er ihre Probleme mittels der "story-telling-Methode" aufdeckt. Sie besteht darin, die Mitarbeiter ihre Arbeitsbiographie erzählen zu lassen, angefangen vom Tag ihrer Einstellung bis heute, einschließlich Anekdoten und wichtiger Ereignisse. Die genaue Analyse der Geschichte lege dann das Bild des "Unternehmens im Kopf" offen, die geheimen Spielregeln, die Firmenmoral, das Arbeitsklima. Falle bei 15 Interviews nicht einmal der Begriff "Kunde" oder "Kollege", sei das Problem leicht geortet. Müller ist sich sicher, dass seine Methode eine "große Zukunft" hat, denn Unternehmenskultur und -identität würden immer wichtiger.

Ähnlich wie Müller setzt auch die Romanistin Sybil Dümchen von "denkmodell Dialog Design" auf geisteswissenschaftliche Methoden. Kunden, die das Problem in ihrer Firma nicht finden können, sollen ihr nicht lange Zahlenanalysen liefern, sondern nach Metaphern für die Situation suchen. Damit lässt sich nach Dümchens Erfahrungen das Problem viel schneller einkreisen. Auch Müller rät den Studenten: "Denken Sie nach, welche Inhalte und Methoden aus ihrem Fach für Unternehmen fruchtbar zu machen sind."

Wer sich nicht traut, sich gleich selbstständig zu machen, kann sich vielleicht bei McKinsey bewerben. Das Unternehmen gab sich bei der Veranstaltung ausgesprochen geisteswissenschaftlerfreundlich. In der größten Unternehmensberatung Deutschlands seien fünf Prozent der Beschäftigten Geisteswissenschaftler, und die Tendenz sei steigend, sagte Wolfhart Pentz von McKinsey. Dieser Hintergrund stoße bei den meisten Kunden sogar auf besonders große Akzeptanz und helfe, Vorurteile gegenüber Unternehmensberatern abzubauen. Zu noch größerer Anerkennung verhelfe dabei der Doktortitel.

Einsteigen kann bei McKinsey jedoch auch der nicht-promovierte Hochschulabgänger. Er bekomme nach zweijähriger Mitarbeit ein Jahr frei, um zu promovieren. "Wer zwei Jahre für McKinsey gearbeitet hat, schafft die Promotion oder einen MBA auch in einem Jahr", erklärte Pentz selbstbewusst. Außerdem gebe es für Studierende die Möglichkeit, im Hauptstudium ein 10-12wöchiges Praktikum zu absolvieren. Dafür sind fünf Interviews zu bestehen, denn die Anforderungen und Bewerberzahlen sind hoch. Jetzt bleibt Studenten nur noch die Frage: Erst promovieren und dann in die Wirtschaft oder lieber gleich zu McKinsey und innerhalb von drei Jahren beides abhaken?

Sabine Grotehusmann

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