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Gesundheit: Charité soll ihren Namen behalten

Wowereit: Verständnis für Wunsch aus dem Klinikum – Politik will sich aus Details heraushalten

„Die Experten haben gesprochen, die Oberexperten diskutieren noch“ – So charakterisierte Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), beim Neujahrsempfang der Charité am Mittwoch den Diskussionsstand zur Zukunft der Hochschulmedizin. Gleichzeitig appellierte Wowereit angesichts der bevorstehenden Einschnitte an Vernunft und Sachlichkeit der Betroffenen: „Die Veränderungen sind eine Chance, wenn es vernünftig gemacht wird.“

Die Chancen der Charité scheinen gut zu stehen, ihren Namen auch nach einer Fusion mit dem Klinikum Benjamin Franklin (UKBF) der Freien Universität zu behalten. Jedenfalls zeigte Wowereit für diesen Wunsch Verständnis: Genauso werde nach einer Länderfusion mit Brandenburg der international bekanntere Name Berlin sicher nicht wegfallen. Zuvor hatte der Ärztliche Direktor der Charité, Manfred Dietel, den von der Expertenkommission vorgeschlagenen Namen Zumb, wie „Zentrum Universitäre Medizin Berlin“ als ungeeignet abgelehnt.

Wowereits Auftritt in der Charité war mit besonderer Spannung erwartet worden, weil er als der entscheidende Verfechter von Einsparungen in der Berliner Hochschulmedizin gilt. Doch die Beschäftigten tragen dies offensichtlich mit Fassung. Außerdem wird schon heute (Donnerstag) das abschließende Votum über die künftige Gestalt der Berliner Hochschulmedizin aus der Wissenschaft erwartet wird. Der Wissenschaftsrat als oberstes Politikberatungsgremium in Fragen der Forschungs- und Hochschulpolitik wird seine Empfehlung vorlegen. Seine Medizin-Fachleute haben sich wie die Expertenkommission für eine Fusion von Charité und dem UKBF ausgesprochen, um die verlangten Einsparungen von 98 Millionen Euro zu erbringen. Unklar ist noch, ob der Wissenschaftsrat für eine eigenständige Medizinische Hochschule votiert.

Der Regierende Bürgermeister versprach, dass das Land sich aus den Detailregelungen bei der Umstrukturierung heraushalten werde. „Welches Institut an welchen Standort kommt, muss nicht der Senat oder das Abgeordnetenhaus entscheiden.“ Dafür gebe es in den Institutionen mehr Sachverstand. Die Politik sollte nur die notwendigen Strukturen vorgeben. Noch im Frühjahr sollen die Gremien geschaffen werden, die die Umstrukturierung in Angriff nehmen, wie aus Senat und Abgeordnetenhaus wiederholt zugesagt wurde.

Unterdessen zeichnet sich bei den Medizinern der Charité Zustimmung für eine eigenständige Medizinische Universität ab – wenn sie eine fusionierte Fakultät allein unter ihrem Dach nicht haben können. „Das ist unter pragmatischen Gesichtspunkten eine gute Lösung“ pflichtete der Ärztliche Direktor, Manfred Dietel, dem Dekan Joachim Dudenhausen bei. Mit einer Fusion entstehe ein „großer Tanker“ mit jetzt rund 15000 Mitarbeitern und mehr als einer Milliarde Euro im Jahr. Die Größe eröffne in Verwaltung, Organisation und Gebäudemanagement neue Einsparmöglichkeiten, ohne der Forschung zu stark zu schaden. Dafür seien aber klare Leitungsstrukturen nötig. Grundsätzlich gibt man sich bei den kommenden Entscheidungen gefasst bis zuversichtlich. Dietel: „Die Charité hat den Ersten und Zweiten Weltkrieg und danach die DDR überstanden. Den Senatsbeschluss wird sie auch überleben.“

Dudenhausen bot den Medizinern der Freien Universität die Zusammenarbeit an: Jetzt müssten gemeinsam innovative und überzeugende Lösungen für die Neuordnung der Hochschulmedizin erarbeitet werden. Nur dann „werden keine typischen Berliner internen Lösungen für die anstehenden Personalentscheidungen, für den neuen Vorstand und für den Aufsichtsrat in einigen Zirkeln entschieden.“

Zugleich warnte der Dekan vor den Folgen von Einschnitten bei der Forschungsförderung. „Wer den Staatszuschuss auf den bundesrepublikanischen Durchschnitt runterfährt, wird bundesrepublikanische Forschung ernten.“ – Die steht allerdings wegen ihres Niveaus international in der Kritik.

Bei der Einwerbung von zusätzlichen Forschungsmitteln hat die Charité im vergangenen Jahr erneut einen Zuwachs erreicht, rechnete Dudenhausen vor. Von bisher gut 63 Millionen Euro stieg die Bilanz auf 69 Millionen Euro, ein Plus von rund acht Prozent. Mit diesem Geld finanziert die Charité nach eigenen Angaben bisher rund 2000 Stellen.

Für das neue Leitungsgremium, das nach dem Willen der Fraktionen von SPD und PDS im Abgeordnetenhaus, in den kommenden Monaten die Weichen für die neue Universitäts-Medizin stellen soll, sind derweil Dietel und der Dekan des Klinikums Benjamin Franklin, Martin Paul, in der Diskussion, wie in Berlin zu erfahren ist.

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