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Gesundheit: Christoph Stölzl gibt sein Debüt im Wissenschaftsausschuss

Der frisch gebackene Berliner Wissenschaftssenator gab sich vor seiner Feuerprobe gelassen. In lockerer Pose verkündete er am Mittwoch vor dem Berliner Wissenschaftsausschuss, dass er "keine kulturpolitischen Erwägungen" abzugeben gedenke.

Der frisch gebackene Berliner Wissenschaftssenator gab sich vor seiner Feuerprobe gelassen. In lockerer Pose verkündete er am Mittwoch vor dem Berliner Wissenschaftsausschuss, dass er "keine kulturpolitischen Erwägungen" abzugeben gedenke. Christoph Stölzl, bislang als Senator mit Sinn für Kunst aufgefallen, hielt seine erste Rede zur Wissenschaftspolitik - und mahnte bei den Fachpolitikern das Ende eines zentral regulierten Hochschulwesens an. "Der Staat sollte sich auf das Unabdingbare an Regeln beschränken", sagte Stölzl mit Hinblick auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Der will Berlin eine stärkere Ausrichtung auf Wettbewerb und die Vernetzung der Universitäten ins Stammbuch schreiben.

Stölzl schloss sich der Kritik an verkrusteten Struktruren an. Die Kuratorien, einst "aus gutem Willen gegründet", würden sich oft als kontraproduktiv erweisen. Bislang setzen sich die Hochschulgremien aus Politikern, Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern und Uni-Angehörigen zusammen. Nach Vorstellung des Wissenschaftsrats sollen an ihre Stelle Hochschulräte treten, deren Mitglieder vorrangig nach fachlicher Kompetenz ausgewählt werden sollen.

Als weiteres Ziel formulierte Stölzl - der sich öfter fragend an seinen wissenschaftlichen Staatssekretär Josef Lange wandte - die Öffnung der Universitäten nach außen und innen. "Wir müssen die Brücken zu Wirtschaft und den freien Trägern besser begehbar machen", sagte er fast pathetisch. Zudem gelte es, Studienzeiten zu verkürzen und die Hochschulen einem intensiveren Wettbewerb auszusetzen. Die Wissenschaft müsse sich stärker der Gesellschaft zuwenden, forderte der Senator, das fange bei der Sprache an. Den Fach- und Kunsthochschulen wies er bei der Kommunikation mit der Gesellschaft eine "Schlüsselrolle" zu.

Unis sollen Studenten aussuchen

Insgesamt gab Stölzl grünes Licht für den eingeschlagenen Reformkurs in der Berliner Wissenschaftspolitik. "Ich bin kein neuer Besen, der hier auskehrt", beruhigte er die Zuhörer im Abgeordnetenhaus, "ich bin ein wissbegieriger Neuling". Seine erste Lektion in Sachen Hochschulreform konnte Stölzl gleich im Anschluss lernen, als er die abschließende Beratung des Zulassungsgesetzes in Fächern mit Numerus clausus verfolgte. Das neue Gesetz eröffnet angehenden Studenten völlig neue Möglichkeiten bei der Studienplatzsuche. Demnach können sich Berlins Universitäten künftig bis zu 20 Prozent ihrer Studenten selbst aussuchen. Wie bei Arbeitgebern sollen Bewerbungsgespräche über den Zuschlag entscheiden.

Schulabgänger und sonstige Studienbewerber werden nicht mehr ausschließlich an ihren Zeugnisnoten gemessen. Sie können stattdessen die Universitäten in einem halbstündigen Gespräch von ihrer Eignung überzeugen. Bislang spielten Abiturnoten und Wartezeiten beim NC die dominierende Rolle, durch die Gespräche sollen nun die Motivation der Bewerber oder studiennahe Berufsabschlüsse in die Bewertung einfließen. Die Qualität des Abiturzeugnisses soll jedoch, versicherten Vertreter aller Parteien, weiterhin die Hauptrolle spielen.

Eigentlich hatte sich Berlin vorgenommen, Bewerbungsgespräche auf bis zu 50 Prozent der Studienplätze auszudehnen. Nach heftigem Widerstand der Opposition, aber auch der SPD ruderte der Senat jedoch zurück. "Die Hochschulen sollten die neuen Möglichkeiten richtig ausnutzen", mahnte der sozialdemokratische Vertreter Peter Schuster. Bislang schrecken die Universitäten vor dem Aufwand eines individuellen Auswahlverfahrens zurück. Nach Berechnungen der "Gesellschaft für Psychologie" würde die Auslese für einen Studienplatz inklusive Vor- und Nachbereitung sechs Stunden dauern - unter der Voraussetzung, das nur drei Bewerber eingeladen werden. Weiterer Streitpunkt ist die unklare Rechtslage. Ohne standartisierte Gespräche und protokollarische Mitschriften könnten abgelehnte Berwerber vor Gericht einen Studienplatz einklagen. "Ein unklares Verfahren ist verfassungsrechtlich bedenklich", warnte der Bündnisgrüne Bernhard Weinschütz. Seine Fraktion enthielt sich bei der Verabschiedung der Stimme, ebenso die PDS.

Die Koalition zeigte sich über den Ausgang zufrieden. Nun ist Berlin wenigstens in punkto Auswahlgespräche auf Bundesstandard angekommen. Denn in den nächsten Wochen wollen alle Bundesländer einen Staatsvertrag unterzeichnen, der die Zulassung zum Studium einheitlich regelt. Wenn Stölzl seine Unterschrift unter den Vertrag setzt, hat er immerhin Grundlagenwissen in der Hochschulpolitik erworben. Zum Ende der Sitzung lächelte der Senator jedenfalls, als hätte er ein Auswahlgespräch bestanden.

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