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Gesundheit: Das Drama der künstlichen Befruchtung

„Ich bin davon überzeugt, dass eines Tages, vielleicht in 30 Jahren oder sogar früher, Sex und Befruchtung völlig getrennt voneinander sein werden. Sex hat dann nur noch mit Liebe und Lust zu tun.

„Ich bin davon überzeugt, dass eines Tages, vielleicht in 30 Jahren oder sogar früher, Sex und Befruchtung völlig getrennt voneinander sein werden. Sex hat dann nur noch mit Liebe und Lust zu tun.“ – „Und die Fortpflanzung findet unter dem Mikroskop statt?“ – „Warum nicht?“

Ein Schlüssel-Dialog zwischen zwei Reproduktions-Experten aus dem Stück „Unbefleckt“ von Carl Djerassi, dem „Vater der Pille“. Das Stück wurde gerade mehrmals aufgeführt: Von der Studententheatergruppe des Maxim-Gorki-Theaters und im Berliner Charité-Institut für Mikrobiologie und Hygiene.

Im Stück geht es um „ICSI“, die Intrazytoplasmatische Spermien-Injektion. Das ist jene Technik der Befruchtung im Labor, bei der ein einziges Spermium unter dem Mikroskop direkt in die Eizelle injiziert wird. (Ein Video dieses Vorgangs ist in die Aufführung integriert.) Die befruchtete Eizelle wird dann in die Gebärmutter implantiert.

Die Methode ist zuerst 1992 von Brüsseler Forschern publiziert worden. Djerassi lässt sie aber von der Heldin seines Stücks erfinden: Melanie, einer Reproduktionsbiologin Ende Dreißig, die überdies selbst das erste ICSI-Baby bekommt. Denn sie wünscht sich ein Kind, und zwar von einem verheirateten Atomphysiker, der durch einen Strahlenunfall so gut wie zeugungsunfähig ist.

Private Konflikte zwischen den Figuren und der engagierte Einsatz der jungen Theatergruppe für das Thema Nr. 1 sorgen dafür, dass dem Publikum die wissenschaftlichen und ethischen Probleme der umstrittenen ICSI-Technik lebendig nahe gebracht werden. Eben dies war Djerassis Ziel.

Und er provoziert: Warum, fragt er, sollten Frauen ihre Eizellen nicht einfrieren und zum gewünschten Zeitpunkt in ihrer Lebensplanung auftauen lassen? Warum lässt man sich nicht sterilisieren und erspart sich so die ständige Kontrazeption? Warum sollte man nicht auch Sperma eines Toten verwenden: Warum soll ein Paar, das schon vier Söhne hat, nicht durch ICSI mit Präimplantationsdiagnostik zu einer Tochter kommen? Djerassi ist gegen jegliche staatliche Reglementierung und möchte die Entscheidung über solche Fragen dem Individuum überlassen.

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