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Gesundheit: Die Kinder-Uni geht nach Wedding

Kinder aus sozialen Brennpunkten lernen mit Professoren

Fritz ist nicht zu schlagen. Fritz würde jeden für sich einnehmen, wie er da die Beinchen schwingt, einen Kopfstand macht, mit dem Schwanz wedelt, vor einem orangefarbenen Ball auf die Knie fällt und ihn energisch wegschießt: Fritz ist ein Knüller, ein Wunder, ein High-Tech-Schatz. Mit dem kleinen Roboter-Hund hat der Informatiker Hans-Dieter Burkhard schon 750 Kinder bei der Humboldt-Kinder-Uni begeistert, und er begeistert damit auch die 4. Klasse der Richard-Schule aus Neukölln. Die 25 Kinder, davon 23 nicht-deutscher Muttersprache, applaudieren dem dunkelgrauen Vierbeiner vom Typ Aibo (Sony) und beugen sich vor Neugier so weit über den Tisch, dass sie fast darauf liegen. So einen wie Fritz trifft man halt nicht alle Tage. Und einen waschechten Professor auch nicht.

Die „Humboldt-Kinder-Uni“, die sich nach einem chaotischen Beginn zu einer erfolgreichen Veranstaltung gemausert hat, unterscheidet sich in einem Punkt von allen anderen Kinder-Unis in Deutschland: Die Professoren, die donnerstags im gut gefüllten Audimax Unter den Linden sprechen, gestalten zu ihrem jeweiligen Thema auch Workshops mit Schulklassen aus sozialen Brennpunkten – und bewegen sich dafür aus ihrem vertrauten Universitätsgebäude heraus nach Wedding, ins Labyrinth Kindermuseum.

Von dort stammt auch die Idee zu den Workshops. „Kinder aus bildungsfernen Schichten lassen sich mit Uni-Vorlesungen schwer erreichen“, sagt Projektleiterin Gabriele Mittag. „Die Hemmschwellen gegenüber Universitäten oder Professoren sind leichter zu überwinden, wenn man die Kinder in ein anderes Ambiente einlädt, wo sie in einen Dialog treten können.“

Hinzu kommt: Die Kinder aus den sozialen Brennpunkten müssen auch anders angesprochen werden, die Form der Vorlesung, die auf langes konzentriertes Zuhören und Mitdenken setzt, ist für viele von ihnen wenig geeignet. Mittun, Anfassen, Aktiv werden – das ist sowieso seit sechs Jahren Programm des Labyrinth Kindermuseums. Aufbauend auf den Erfahrungen mit den Kinder-Uni-Workshops will das Museum künftig „Expertengespräche“, passend zu den jeweiligen Ausstellungsthemen, für Kinder veranstalten.

Zwei Kinderuni-Workshops haben bisher stattgefunden, und jeder Wissenschaftler geht anders an die Aufgabe heran. Hans-Dieter Burkhard stellt zuerst viele Fragen zu Robotern – „Was soll ein Roboter können? Soll er besser Beine haben oder Räder?“ –, dann führt er Fritz vor, und danach werden die Kinder in Gruppen aufgeteilt: Die eine Gruppe baut aus Legosteinen Roboter, die andere malt ihren Idealroboter, eine dritte lässt sich von Burkhards Assistenten am Laptop erklären, wie der Roboter programmiert wird, damit er beispielsweise auf die orange Farbe des Balls reagiert. Burkhards Kollege, der Agrarwissenschaftler Uwe Jens Nagel, gestaltet seinen Workshop dagegen ganz ohne Gruppenarbeit: Er entwickelt mit den Kindern – in seinem Fall eine Gruppe von einem offenen Kindertreff in Wedding – fast anderthalb Stunden lang im Dialog und mit einer Power-Point-Präsentation die Frage, warum nicht alle Menschen auf der Erde satt werden. Und die Kinder anworten und hören zu.

Deutschlehrer Thomas Witte hat die Neuköllner Klasse ins Museum begleitet: „Für die Kinder ist es toll, dass sie mal rauskommen und so etwas erleben können“, sagt er. Mit seinen Viertklässlern hat er auch an normalen Tagen keine Motivationsprobleme: „Die gehen alle sehr gerne zur Schule, zu Hause langweilen sie sich.“ Für Hans-Dieter Burkhard ist der Workshop „eine Herausforderung“, doch man merkt dem sechsfachen Vater die Erfahrung mit Kindern an. „Man müsste Kindern viel mehr Angebote machen, wo sie ihre Fantasie einsetzen, etwas konstruieren können“, sagt er und prüft nebenbei den Lego-Roboter, den Sahin gebastelt hat. „Die Computer und viele Spielzeuge heute machen viel zu passiv.“

Die nächste Vorlesung der Kinder-Uni findet am 5. Februar um 17 Uhr im Audimax der Humboldt-Uni Unter den Linden statt. Der Physikdidaktiker Lutz-Helmut Schön erklärt, „warum tonnenschwere Flugzeuge fliegen können“ (www.hu-berlin.de/kinderuni). Die Workshops im Kindermuseum Labyrinth (Osloer Straße 12, www.labyrinth-kindermuseum.de) sind ausgebucht.

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