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Gesundheit: „Die Rechtslage ist unbefriedigend“

Detlev Ganten zum Stand der internationalen Forschung

Die StanfordUniversität hat gestern als erste amerikanische Elite-Hochschule angekündigt, neue Stammzell-Linien zu züchten. Damit erhoffen sich die Wissenschaftler, künftig Krankheiten wie Krebs besser bekämpfen zu können. Was versprechen Sie sich von einer solchen Forschung?

Wichtig für die Krebsforschung ist, dass Stammzellen beständig wachsen – in gewisser Weise wie Krebszellen. Man kann daher an Stammzellen die Mechanismen kontrollierten und unkontrollierten Wachstums studieren.

Werden damit auch neue therapeutische Wege geebnet?

F ür den Erkenntnisfortschritt kann man die Stammzellforschung gar nicht überschätzen. Was die therapeutische Anwendbarkeit betrifft, da ist ein hohes Maß an Skepsis gerechtfertigt. Bei einigen schweren Erkrankungen wird sie vielleicht Alternativen bieten. Aber es wird sehr lange dauern, bis diese mit bestehenden Therapien konkurrieren können.

In Stanford soll nun ein eigenes Institut gegründet werden, das aus rein privaten Mitteln finanziert wird, weil der Staat kein Geld für solche Forschungen bereitstellt.

Es sollte hier nicht der falsche Eindruck entstehen, dass da privat finanzierte Bösewichte am Werk sind, die in der Nachbarschaft das machen, was andere nicht machen dürfen. Irving Weissman ist ein hoch angesehener Stammzellforscher. Er war einer der Pioniere auf dem Gebiet.

Die zwölf Millionen Dollar, die die Wissenschaftler nun von einem anonymen Spender erhalten haben, sind aber zu wenig, um damit ein Institut langfristig zu betreiben. Davon wird man auf Dauer die Forscher nicht bezahlen können. Ist das ein Versuch, die bisherige Regelung in den USA auszuhebeln?

Die strikte Trennung von privater Forschung und staatlich geförderter Forschung ist langfristig nicht wirklich durchzuhalten. Die Diskussion, was bei Stammzellen erlaubt und was nicht erlaubt sein soll, ist in den USA noch lange nicht beendet.

Auch in Deutschland nicht?

Auch in Deutschland. Die Stammzellforschung geht ja auch hier zu Lande voran. Deutsche Stammzellforscher sind nach der jetzigen Gesetzeslage sehr eng gebunden und können nur mit menschlichen embryonalen Stammzellen arbeiten, die sie aus dem Ausland importieren und die vor dem Stichtag, dem 30. Januar 2002, gewonnen wurden. Auch das ist natürlich eine unbefriedigende Lösung.

Warum?

Wir melden uns damit von der modernen Stammzellforschung ab, weil bessere Zell-Linien nicht importiert werden können.

Sind neue Stammzell-Linien wirklich nötig?

Wir haben mit den bestehenden Stammzellen noch nicht sehr viel Erfahrung. Und ich glaube auch nicht, dass ein Interesse daran besteht, möglichst viele Stammzell-Linien herzustellen. Wir können durchaus mit einigen wenigen auskommen. Es ist aber zum Beispiel erst nach dem 30. Januar gelungen, Stammzellen frei von bestimmten Mäusezell-Linien zu züchten. Man kann sie erst jetzt aus rein menschlichen Zellen gewinnen, ohne Gefahr zu laufen, dass sie sich zu schnell differenzieren.

Sehen Sie eine Möglichkeit, die rechtlichen Grundlagen der Stammzellforschung zu verbessern?

Ich plädiere seit langer Zeit dafür, zu internationalen Standards zu kommen. Ansonsten werden immer neue Verwerfungen entstehen, wie das jetzige Beispiel auch zeigt .

Das Interview führte Thomas de Padova.

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