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Gesundheit: Die Rückkehr der Zukunft

Mit Astronautenhotels und Atomenergie-Antrieb wollen Wissenschaftler die Vision vom Menschen auf dem Mars Wirklichkeit werden lassen

Von Rainer Kayser, dpa

Wenn es nach den Experten der europäischen Raumfahrtbehörde Esa geht, dann ist die Sonde „Mars-Express“ nur der erste Schritt zur Eroberung des Roten Planeten. Unter der Bezeichnung „Aurora“ entwickeln sie nicht nur Konzepte für weitere Roboter-Missionen zum Mars, sondern auch für bemannte Flüge zum Nachbarplaneten. Nach ihren Plänen setzt im Jahr 2030 der erste Europäer seinen Fuß in den Staub des Roten Planeten.

Doch die Europäer könnten zu spät kommen. Schon vorher, so wird gegenwärtig in den USA spekuliert, könnte ein amerikanischer Astronaut das Sternenbanner in den Wüstensand des Mars rammen. Seit Monaten schon kochte die Gerüchteküche: Präsident Bush suche nach einer grandiosen Vision, hinter der sich das amerikanische Volk sammeln könne – und eine der dabei favorisierten Möglichkeiten sei ein bemannter Flug zum Mars.

Jetzt ist es heraus: Voraussichtlich am Mittwoch, dem 14. Januar, wird Bush das große Ziel eines bemannten Flugs zum Mars verkünden. Fraglich ist allerdings, ob in Anbetracht des gigantischen US-Haushaltsdefizits mit dieser Vision eine entsprechende Erhöhung des Nasa-Budgets einhergeht, wie es beim Apollo-Mondprogramm der Fall war. Sonst nämlich könnte die Mars-Rede von George W. Bush ebenso folgenlos bleiben wie die Rede seines Vaters im Jahr 1989, in der dieser – ohne sich damals zeitlich festzulegen – schon einmal die Entsendung von Menschen zum Mars propagiert hatte.

Dass es dieses Mal ernster gemeint sein könnte, dafür spricht allerdings, dass die Nasa bereits seit einem Jahr im Rahmen des Projekts „Prometheus“ die Entwicklung nuklearer Antriebssysteme für die Raumfahrt beschleunigt. Zunächst begründete die Nasa ihr Vorhaben damit, dass sich mit Nuklearantrieben die Reisezeiten von Sonden zu den Planeten erheblich verkürzen ließen und den Sonden vor Ort zudem erheblich mehr Energie für ihre immer aufwändigeren Messgeräte zur Verfügung stünden.

Nuklearer Prometheus

Inzwischen rückt jedoch eine bemannte Marsmission immer stärker in den Vordergrund von Prometheus. „Wir wollen nicht nur sehr schnell einen Nuklearantrieb entwickeln, sondern bis zum Ende dieses Jahrzehnts eine Mission damit auf die Reise schicken“, erklärte Nasa-Chef Sean O´Keefe im vergangenen Jahr – wobei allerdings unklar blieb, ob er tatsächlich eine bemannte Mission meinte. Mit dem Prometheus-Antrieb würde eine Reise zum Mars nur noch zwei Monate dauern und nicht wie bislang sechs bis sieben Monate. Ein entscheidender Punkt bei der Entsendung von Astronauten.

Zudem müsste bei einem Flug mit dem schnellen Nuklearantrieb weniger auf die relative Stellung des Mars zur Erde Rücksicht genommen werden. Bei Nutzung eines konventionellen Antriebs dagegen müssten die Astronauten bis zu 18 Monate auf dem Mars verweilen, bis die Planetenstellung für den Rückflug wieder günstig ist.

Statt einer Gesamtreisezeit von zweieinhalb Jahren ließe sich so der gesamte Marsflug mit einem Nuklearantrieb schon in weniger als einem halben Jahr absolvieren. Dadurch muss nicht nur erheblich weniger Proviant mit durchs All transportiert werden. Auch das Risiko für die Astronauten durch die Strahlenbelastung im Weltraum und auf dem Mars sowie den langsamen Abbau von Knochen und Muskulatur in der Schwerelosigkeit sinkt.

Bislang allerdings existiert der für solche Blitzreisen zum Mars nötige Nuklearantrieb nur auf dem Reißbrett. Erfahrungen gibt es nur mit nuklearthermischen Generatoren an Bord von Raumsonden, bei denen die Zerfallswärme radioaktiver Stoffe wie Uran oder Plutonium zur Stromerzeugung genutzt wird. Die für ein Antriebssystem nötige Energie könnte jedoch nur ein miniaturisiertes Kernkraftwerk liefern. Ob für dessen Bau die von der Nasa bis 2008 vorgesehene eine Milliarde Dollar Entwicklungskosten ausreicht, ist nach Ansicht von Experten fraglich.

Zudem befürchten Fachleute, dass die Nasa bei ihren Planungen für bemannte Marsmissionen den gleichen Fehler begeht wie vor 40 Jahren bei der Entwicklung des Apollo-Programms: Das Ziel lautet, einen Amerikaner auf einen neuen Himmelskörper zu bringen. Aber nicht, dort zu bleiben und eine dauerhafte Präsenz im All mit der dafür nötigen Infrastruktur aufzubauen.

Solchen Überlegungen kommt das von dem in Kalifornien ansässigen Technologie-Unternehmen Global Aerospace Corporation entwickelte „Astrotel“-Konzept entgegen. Darin wird Stück für Stück ein dauerhaftes Transportsystem zwischen Erde und Mars aufgebaut, dessen Kernelement ein permanent nahezu antriebslos zwischen Erde und Mars pendelndes Astronautenhotel ist. Weltraumtaxis bringen die Astronauten von dem „Astrotel“ zu erd- und marsnahen Raumstationen, von dort geht die Reise per Shuttle zur Planetenoberfläche und zurück.

Künstliche Planeten

Ein ganz ähnliches „Cycler“-System entwickelt auch Buzz Aldrin, der 1969 als zweiter Mann den Mond betrat, mit einem Team von Forschern und Ingenieuren des Massachusetts Institute of Technology und weiterer Universitäten. „Ein solcher Cycler befindet sich praktisch in einer Bahn um die Sonne und begegnet regelmäßig der Erde und dem Mars“, erklärt James Longuski, Teammitglied und Professor für Luft- und Raumfahrt.

Aber braucht die Menschheit überhaupt eine dauerhafte Präsenz auf dem Mars? Unbedingt, findet Robert Zubrin. Der Raumfahrtingenieur und Gründer der „Mars Society“ wirbt seit Jahren mit Büchern und Vorträgen für die Entsendung von Menschen zum Mars. Ohne eine neue „Frontier“, eine stetig zu verschiebende Grenze der Zivilisation, die den menschlichen Erfindungsgeist herausfordert, sei die humanistische westliche Zivilisation von technologischer Stagnation und politisch-moralischem Niedergang bedroht, lautet Zubrins Credo.

Letztlich befindet er sich damit auf einer Linie mit dem amerikanischen Präsidenten: Bei seiner Suche nach einer grandiosen Vision geht es Bush nicht zuletzt darum, die Amerikaner zu einem Aufbruch zu bewegen und so den technischen Vorsprung der USA gegenüber dem Rest der Welt zu sichern.

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