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Gesundheit: Die Stimme der Vernunft nicht isolieren! Akademie der Wissenschaften lehnt Boykottaufruf gegen israelische Wissenschaftler ab

Mit der kritischen Solidarität sei es ein Problem, merkte Akademiemitglied Susan Neiman an. „Meist bleibt dabei entweder die Kritik auf der Strecke oder die Solidarität.

Mit der kritischen Solidarität sei es ein Problem, merkte Akademiemitglied Susan Neiman an. „Meist bleibt dabei entweder die Kritik auf der Strecke oder die Solidarität." Die Berlin-Brandenburgische Akademie versucht, das jetzt anders zu machen. Mit einer Erklärung wendet sie sich gegen einen internationalen Boykott-Aufruf von Wissenschaftlern, der auf die Isolierung ihrer israelischen Kollegen zielt. Am 16. Mai stellten Akademie-Präsident Dieter Simon und Susan Neiman ihre Erklärung in Berlin vor.

Der Aufruf zu einem „Moratorium der europäisch-israelischen Wissenschafts- und Kulturbeziehungen“ war im April in der britischen Zeitung „Guardian“ veröffentlicht und von mehr als 100 Wissenschaftlern unterzeichnet worden – unter ihnen Professoren aus Cambridge, Oxford, Rom und sogar aus Tel Aviv. Sie wollen mit dem Boykott ihren Protest gegen die Nahost-Politik der israelischen Regierung ausdrücken (Tagesspiegel vom 18. April).

Sanktionen schwächen Friedenskräfte

„Druck von außen schwächt die Friedenskräfte“, kritisierte die israelische Wissenschaftlerin und Friedensaktivistin Yael Tamir den Aufruf. Die Mitbegründerin der Friedensbewegung „Peace Now“ dankte der Akademie jetzt für ihre Stellungnahme. „Wir sind selbst sehr kritisch mit der Politik unserer Regierung und gegenüber den Angriffen auf die palästinensische Bevölkerung.“ Aber Druck von außen erzwinge eher noch den Zusammenhalt innerhalb der israelischen Bevölkerung.

Wissenschaft und Kulturen dürfen nicht als Geisel für die Durchsetzung einer wie auch immer gearteten Politik missbraucht werden“, begründete Akademie-Präsident Simon die erklärung. „Maßnahmen dieser Art treffen nicht diejenigen, die die Verantwortung tragen, und entmutigen jene, die sich für Vernunft, Dialog und Zusammenarbeit einsetzen.“ Die bisher für eine deutsche Wissenschaftsakademie einmalige Reaktion wird durch die Max-Planck-Gesellschaft und ihren Präsidenten Hubert Markl unterstützt.

Aus der Erklärung:

„Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat kein Verständnis für einen solchen Aufruf, der auf die Isolation der israelischen Wissenschaftler zielt. Dies nicht nur, weil sie durch einen Freundschafts- und Zusammenarbeitsvertrag mit der Israelischen Akademie der Wissenschaften in Jerusalem eng verbunden ist und viele ihrer Mitglieder in ständigem und regem Gedankenaustausch mit israelischen Wissenschaftlern stehen, sondern vor allem deshalb, weil sie es für unvertretbar und schärfstens zu missbilligen hält, Wissenschaft und Kultur als Geisel für die Durchsetzung einer wie immer auch gearteten und zu bewertenden Politik zu missbrauchen und zu boykottieren. Maßnahmen dieser Art treffen nicht diejenigen, die die Verantwortung tragen, und entmutigen jene, die sich für Vernunft, Dialog und Zusammenarbeit einsetzen.

Die internationale Wissenschaftlergemeinschaft darf sich nicht nach den akzeptablen oder inakzeptablen Strategien ihrer nationalen Politiksysteme spalten und gegeneinander in Front bringen lassen. Sie hat ihrem Wesensmerkmal, dem freien Ideen- und Meinungsaustausch – ob in persönlichen Kontakten, auf wissenschaftlichen Konferenzen und Meetings, durch Publikationen oder Korrespondenzen – treu zu bleiben und sich für den Dialog der Vernunft bereitzuhalten.

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